Karl Ulrich Voss, Burscheid: Meine Leserbriefe im Jahr 2013
Stand:
Januar 2014
(2013/42) 6.12.2013
DAS PARLAMENT, abgedruckt 30.12.2013, siehe auch https://www.das-parlament.de/2014/01_03/Kehrseite/48461941/325958
Berichterstattung / Kommentierung zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr in DAS
PARLAMENT v. 2.12.2013 (Alexander Heinrich „Mit doppeltem Einsatz“, S. 1;
Jörg Biallas „Schwerste Entscheidung“, S. 1; Pro & Contra Abzug aus
Afghanistan, S. 2; Interview mit André Wüstner, Vors. Bundeswehrverband,
„Ein enormer Kraftakt“, S. 2; Eric Chauvistré „Operation Abwarten“,
S. 3; Dokumentation laufender Auslandseinsätze S. 4f)
Wenn wir ehrlich sind: Bei den
Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist in den vergangenen Jahren zu wenig so
gelaufen wie geplant. Die Kosten, der militärische ebenso wie der zivile
Blutzoll und die Dauer der Engagements waren in praktisch jedem Einzelfall
höher, einschneidender und letztlich irreversibler als prophezeit. Darum freue
ich mich über die breite Abdeckung im (Periodikum) Parlament. Aber ich bin tief
verärgert über den quasi nicht messbaren Stellenwert, den die Politik dem
Souverän, dem lebenden Wähler zugemessen hatte. Tatsächlich hatte der
amtierende Verteidigungsminister ja noch im Mai 2013 den Spitzenkandidaten der
SPD darin bestärkt, die Bundeswehr einschließlich der Auslandseinsätze und der
Neuaufstellung aus dem Wahlkampf herauszuhalten.
Das erfüllt nicht meinen Anspruch an die demokratische Behandlung von
Schicksalsfragen und auch nicht an eine Politik, die den historischen
Erfahrungen Deutschlands gerecht wird.
Aus meiner Sicht ist nicht nur das
Für und Wider einzelner Einsätze sorgfältig abzuwägen. Wenn wir als Staat politisch
gebildeter Bürger lernfähig sein wollen, dann muss die Politik vor jeder Wahl
Rechenschaft ablegen über Nutzen und Lasten und über ihr daraus schlüssig
abgeleitetes künftiges Programm für den Einsatz auswärtiger Gewalt – mit
nachvollziehbaren Grenzen für eben dieses künftige Gewalthandeln, nicht mit
Passepartouts wie „Krise“, „Konflikt“ und „Vorsorge“. Diese mögen zwar das
Mit-Entscheiden in Bündnisgremien erleichtern; sie lassen aber den ersten, den
aufgeklärtesten und für uns Bürger wichtigsten Abschnitt des Grundgesetzes de
facto leer laufen.
P.S. Quelle zur zitierten Äußerung
von Lothar de Maizière im Wahlkampf zum 18. Bundestag:
http://www.presseportal.de/pm/
Anmerkung: Das ist der Standard seit ca. 20 Jahren, siehe eine entsprechende
Positionierung von BM Kinkel gegenüber n-tv am 10.9.1993 = http://www.vo2s.de/mi_1993_
(2013/41) 25.11.2013
Kölner Stadt-Anzeiger, Lokalteil Rhein-Berg, abgedruckt 19.12.2013
i.J. 2014 anstehende Bürgermeisterwahl in Burscheid, u.a. Verzicht der SPD
(Berichterstattung / Kommentierung in der 47. Wo.)
Gut, es
ist dem BfB-Kandidaten schon einmal anzurechnen, dass er eine bloße Akklamation
der bestehenden Herrschaft verhindert - will sagen, dass es bei der kommenden
Wahl überhaupt eine Auswahl geben wird und keine Farce. Trotzdem habe ich ein
sehr schlechtes Gefühl: Die beiden einzigen Burscheider Bewerber kämen dann ja
aus dem praktisch gleichen Denk-Stall. Sollten andere, sehr traditionsreiche
Parteien tatsächlich nicht die Kraft bzw. das Geld für eine eigene persönliche
politische Alternative aufbringen? Wie wäre es dann mit einer parteifreien
Kandidatur? Wie wäre es womöglich mal mit einer unabhängigen Bürgermeisterin,
der ersten im Übrigen? Kandidieren macht sogar Spaß und ich würde es von ganzem
Herzen unterstützen!
(2013/40)
12.11.2013
TIME
NSA & CIA; Michael Crowley "Spy vs. Spy" (TIME Nov. 11, 2013, p.
14)
For
me, there's a collateral advantage of the spy crisis, i.e. the relaxing notion:
The secret & foreign services all around the world are exercising the same
skills and tricks - and there's not so much need to meticulously define brave
or evil axes.
We
knew that before. But we should talk it out louder and more often.
(2013/39) 11.11.2013
DIE WELT
NSA, CIA, BND & BfV; Alan Posener "Die Krise der Spione" (DIE
WELT v. 11.11.2013, S. 3)
Sich erwischen zu lassen, das mag
sehr unprofessionell sein. Ist es aber Ausweis fachlicher Kompetenz, nicht
erwischt zu haben oder nicht sorgfältig geschützt zu haben?
Den Spitzen unserer eigenen Dienste
billige ich im Grunde eine tiefe Erfahrung und Sachkunde zu. Allerdings kann
die horizontale Loyalität - diejenige auf der Staaten-übergreifenden
nachrichtendienstlichen Arbeitsebene - persönlicher, arbeitsteiliger und
gruppendynamisch zwingender sein als die vertikale Loyalität gegenüber der
jeweils eigenen politischen Führung. Dann aber wäre ein personeller Neuanfang
auch auf dieser Seite des Atlantiks umso notwendiger: als vertrauensbildende
Maßnahme gegenüber der Kanzlerin und für die Bürgerinnen und Bürger, deren
Interessen sie mit sehr hohem Zuspruch verwaltet."
(2013/38) 6.11.2013
DER SPIEGEL
NSA-Abhörskandal; Ralf Neukirch, René Pfister, Laura Poitras, Marcel Rosenbach,
Jörg Schindler, Fidelius Schmid u. Holger Stark "Ohnmächtige Wut"
(SPIEGEL 45/2013, S. 30ff)
Unsere Kanzlerin muss eine sehr,
sehr beherrschte Frau sein - oder noch ohnmächtiger als gedacht: Dass sie Obama
nicht die Feldjäger auf den Hals hetzen will: geschenkt. Aber dass genau die
beiden hoch alimentierten Herren, die sie seit Jahren hätten effizient warnen
und schützen müssen, noch auf einen gepflegten bourbon zu ihren
amerikanischen Freunden aus dem Schattenreich reisen durften, selbstredend
unter Stillschweigen! Das verstehe wer mag.
(2013/37) 5.11.2013
DIE ZEIT
NSA-Abhörskandal; Helmut Schmidt "Überflüssige Dienste" (DIE ZEIT Nr.
45 v. 31.10.2013, S. 2)
Kann man sich so einfach
zurücklehnen? Das Gesinde tut eben, was es immer tut: lauschen und tratschen?
Ein Kanzler mag ja Berichte mit dem Aufdruck BND, MAD oder BfV links liegen
lassen. Aber das exekutive Umfeld, in dem er und seine Minister Entscheidungen
treffen oder bekräftigen, das kann mit Information und Desinformation von
Diensten gesättigt sein. Vor diesem typischen Mimikri versagt sein
Selektionsmechanismus oder Bauchgefühl.
Als Steuerbürger stört mich aber
noch weit mehr: Darf eine Regierung in bestenfalls überflüssige Dienste
Milliarden investieren, etwa in den derzeit laufenden Umzug des BND nach
Berlin?
(2013/36) 27.10.2013
Kölner Stadt-Anzeiger, abgedruckt 29.10.2013
NSA-Abhörskandal, Peter Pauls „Wir sind alle Merkel“ (KStA v. 26./27.10.2013,
S. 4)
Dass das Misstrauen gegenüber der
Kanzlerin in Potenz Misstrauen gegenüber uns alle bedeute, das stimmt m.E. nur
bedingt. Die Dienste verfolgen sehr differenzierte Strategien – und müssen dies
schon aus reiner Ökonomie:
Schlüsselpersonen wie die Kanzlerin
sind zur Optimierung von Beeinflussungs- und Verhandlungsstrategien im Fokus,
wie es Susan Rice in ihrer damaligen Funktion als UN-Botschafterin mal
freimütig bekannte: Wie froh sie doch sei über die „intelligence“ des NSA, da sie immer „in Verhandlungen einen Schritt
voraus“ sei!
Normal Sterbliche wie wir sind eher
Gegenstand einer Rasterfahndung, mit ihren Daten aus Reisen, aus Mail- und
Internet-Kommunikation und aus dem grenzüberschreitenden Austausch der Dienste.
Online-, Telefon- und Post-Überwachung kommen dabei auch in Betracht, sind aber
nur eine Eskalationsstufe für eine begrenzte Zahl von Fällen.
Am schlechtesten zu greifen, aber
unzweifelhaft laufende Aktivität gegnerischer wie befreundeter Dienste ist der
dritte Sektor, die Unterstützung der Wirtschaftspionage. Leider hatte hier das
Zauberwort „Terrorismusbekämpfung“ nach nine-eleven
alle Schutzdeiche eingerissen. Hier liegt aus meiner Sicht ganz wesentlicher,
aber vielfach noch ausgeblendeter politischer Reparaturbedarf.
(2013/35) 25.10.2013
Frankfurter Allgemeine, abgedruckt 4.11.2013
NSA-Abhörskandal; zu Berthold Kohlers Kommentar "Freund und Feind"
(F.A.Z. v. 25.10.2013, S. 1)
Im Grundlehrgang für Geheimschutzbeauftragte
lernen Sie gleich zu Anfang: "Es gibt befreundete und gegnerische Dienste.
Gehen Sie vorsorglich davon aus, dass beide in etwa das Gleiche können und auch
tun. Und bei der Industriespionage, da gibt es erst recht keine verlässliche
Freund-Feind-Kennung."
Seltsam genug - in den
Festansprachen zum diesjährigen Jahrestag des Bundesverbandes der Deutschen
Industrie am 11. Juni hatte das mit keinem Wort Erwähnung gefunden. Obwohl
bereits aller Anlass bestanden hätte.
(2013/34) 18.10.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Initiative der Bundesregierung gegen
verschärfte EU-Abgaswerte für PKW; Friedemann Siering "Dem Erfindergeist
vertrauen" (KStA v. 16.10.2013, S. 4)
Danke für den Ansporn! Premium und
Klasse sind auch nie eine Frage von Masse. Was spricht denn gegen intelligentes
Retro? Mit den Maßen der Sechziger Jahre kann man sehr noble Karossen
schneidern, elegantere gar als heute. Als zusätzliche Denkhilfe für die
PS-Vorstände empfehle ich diesen Passus für den anstehenden Koalitionsvertrag:
„Die Bundesregierung beschafft
ausschließlich Dienst-PKW, die pro Kilometer 95 Gramm CO2 oder weniger
ausstoßen.“
Nebenbei könnte sich die künftige
Regierung als sehr konsequent erweisen: An eher unerwarteter Stelle, nämlich im
Bundeswehr-Weißbuch 2006 findet sich in der Risiko-Analyse ein äußerst
beherzigenswerter Satz: „Für die
Energieversorgungssicherheit sind dabei … die Reduzierung des Energiebedarfs
durch sparsame und effiziente Energieverwendung von herausragender Bedeutung.“
Das Weißbuch verknüpft zudem an mehreren Stellen globale Umweltveränderungen,
an denen die Industriestaaten einen entscheidenden Anteil haben, mit den
Risiken Extremismus und Massenmigration. Ein Grund mehr für ein gutes Beispiel
und den bewährten Pädagogen-Spruch „Fordern statt verwöhnen!“
P.S.
Quelle zum Bw-Weißbuch, das ebenfalls zur Zeit einer schwarz-roten Koalition
herausgegeben worden ist: Kap. 1.1 Sicherheit, S. 22 (Zitat), s.
ferner S. 19-21
http://www.bmvg.de/portal/a/
(2013/33) 11.10.2013
DIE ZEIT
Tag der Einheit; Leitartikel von Jörg Lau in der ZEIT v. 10.10.2013, S. 1
(„Wofür stehen wir?“)
Der Untertitel von Jörg Laus
Leitartikel knüpft an die Rede von Joachim Gauck zur Einheit an und fragt, ob
wir denn das tun, was wir könnten. Das impliziert: eher tun wir zu wenig als
zuviel. Aber wie sich vergewissern, ob und was wir zusätzlich oder anders tun
können, ohne unsere Bilanz zu verschlechtern? In einer repräsentativen
Demokratie ist der Weg klar: Wer sich um die Macht bewirbt, der legt ein
Programm dazu vor, wie er sie ausüben will. Der Bewerber tut gut daran, das
neue – oder das fortgeschriebene – Programm mit den guten und schlechten
Erfahrungen der Vergangenheit schlüssig zu machen. Das überzeugendste Programm
gewinnt, wird idealiter bis zur Folgewahl an der Realität getestet und der
demokratisch optimierende Zyklus beginnt von neuem. Eine bessere
Legitimationsquelle als die Prüfung durch Wähler kann es für die
Machtentfaltung eines demokratischen Staates nicht geben, wollen wir unsere
Staatsform nicht ad absurdum führen.
Und das genau irritiert mich an der
Rede von Joachim Gauck so sehr: Sie kommt wenige Tage nach der Wahl. Sie kam
nicht im Mai, als der amtierende Ressortchef für Verteidigung und der Spitzenkandidat
der anderen Volkspartei in einem gentleman's
agreement die Bundeswehr, ihre Auslandseinsätze und die gesamte
Neuaufstellung aus dem Wahl-Diskurs ausklammerten – dies im Übrigen durchaus
effizient: Auch ISAF und die lessons
learnt in Kunduz haben dann keine bemerkbare Rolle gespielt, ebensowenig in
der Ansprache zur Einheit.
In einer thematisch ähnlichen Rede
hatte Horst Köhler dem Parlament, der Regierung und den Parteien eine intensive
Vergewisserung für die Bürger und gemeinsam mit ihnen aufgegeben. Auch Köhler
stellte Fragen, aber sie waren offener als die Fragen Gaucks: 'Welchen Schutz verspricht die neue
Sicherheitspolitik, welche Gefahren bringt sie möglicherweise mit sich, ist der
Nutzen die Kosten wert und welche Alternativen haben Deutschland und die
Deutschen bei alledem eigentlich?' Diese Fragen stellen sich kurz vor dem
Aus von ISAF noch dringlicher als im Oktober 2005. Sie sind nicht beantwortet
und niemand konnte über Antworten abstimmen. Könnte Deutschland dann konsequent
für eine Weltordnung werben, in der Redefreiheit, Gewaltenteilung,
demokratische Teilhabe und Rechtsstaatlichkeit gelten?
Schließlich: Gauck spricht von
Solidarität, und da kommt grundsätzlich zweierlei in Betracht: Zum einen Solidarität
im militärischen Bündnis – so verstehe ich seinen Appell primär – und diese
verbinde ich in erster Annäherung mit Binnenmoral oder Selbstgerechtigkeit,
kollektivem Eigennutz, ad-hoc-Handlungsstrategien
und institutionell mit dem VN-Sicherheitsrat. Zum anderen wäre da die
mitmenschliche Solidarität und die verbinde ich mit universaler Moral,
Menschenrechtsschutz, der golden rule
bzw. dem kategorischen Imperativ und der VN-Vollversammlung. Diese Form der
Solidarität ziehe ich vor und in der Rückschau hätte ich die
Milliarden-schweren ISAF-Spesen eher in Aufnahme und Integration von Menschen
gesteckt, ferner in die Konversion der Industrie, die Militaria exportiert.
Warum für Deutschland eigentlich kein schlagkräftiges humanitäres
"Drohpotenzial" aufbauen? Was ich im Übrigen auch für den im Falle
Deutschlands historisch schlüssigeren Weg halte, gegen alle
selbst-referentiellen Vorhalte französischer Spitzenpolitiker.
P.S.
Quelle zu Abs. 2 des Leserbriefs:
http://www.presseportal.de/pm/
und zu Abs. 3:
http://www.bundespraesident.
(2013/32) 8.10.2013
DER SPIEGEL
Entwicklung in Afghanistan; Notiz "Taliban kommen zurück" im SPIEGEL
41/2013 S. 82
Demokratisch sehr irritierend: Im
Mai tabuisiert unser Verteidigungsminister de Maizière seinen Aufgabenbereich
für die Bundestagswahl. Direkt nach der Wahl räumt er den Vorposten Kundus. Und
dazwischen appelliert unser oberster Bürger Joachim Gauck für mehr militärische
Solidarität, auch bei fernen Konflikten. Was denn nun?
Und: Wären unsere Milliarden bei der
Aufnahme von Flüchtlingen nicht nachhaltiger und solidarischer angelegt
gewesen?"
P.S. Quelle zum zweiten Satz:
http://www.presseportal.de/pm/
(2013/31) 7.10.2013
Süddeutsche Zeitung, abgedruckt 25.10.2013
Tag der Einheit; Beiträge von Roman Deininger "Unser Land ist keine
Insel" (Süddeutsche v. 4.10.2013, S. 5) und Nico Fried "Rückzug ins
Nirgendwo" (Süddeutsche v. 7.10.2013, S. 4)
Der Bundespräsident verlangt mehr
"Solidarität" und eine "Versicherungspolice", die wir
militärisch gesehen in Zukunft persönlich zahlen sollen. Wer genau hat aber
unsere Solidarität verdient? Ein befreundeter Staatsmann, der seine Allianz
vergrößern und damit überzeugender und schlagkräftiger gestalten will, oder
doch Menschen, deren Menschenrechte wir bei einem Einsatz im Ausland ebenso
fördern wie auch unumkehrbar verletzen können? Gaucks Appell für mehr, auch
mehr militärisches Engagement in der Außen- und Sicherheitspolitik und gegen
deutsches Ohnemicheltum könnte ich ja nachvollziehen, gäbe es so etwas wie
erfolgreiche Benchmarks aus gelungenen Einsätzen und eine klare Handlungsstruktur
nach Qualität des kategorischen Imperativs, idealiter im vergangenen Wahlkampf
zur Diskussion gestellt und durch klares Wählervotum legitimiert. Aber genau
daran hatten die Volksparteien wohl kein lebhaftes Interesse. Hätte sonst noch
im Mai Verteidigungsminister de Maizière den Kanzlerkandidaten Steinbrück
ausdrücklich dafür gelobt, dass der die Bundeswehr, die Neuaufstellung und die
Auslandseinsätze aus dem Wahlkampf heraushalten wollte?
Ein Vorgänger Gaucks hatte zum
fünfzigjährigen Bestehen der Bundeswehr im Jahre 2005 die Form skeptischer
Fragen aus der Sicht von Wahlbürgern gewählt, darunter auch, "welchen
Schutz die neue Sicherheitspolitik verspricht, welche Gefahren sie mit sich
bringt, ob der Nutzen die Kosten wert ist und welche politischen Alternativen
Deutschland und die Deutschen bei alledem eigentlich haben". Er hatte auf
der damaligen Kommandeurtagung in München eine breite gesellschaftliche Debatte
der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik verlangt und die Vorbereitung
konkret bei Parlament, Regierung und Parteien in Auftrag gegeben. Dies mit der
sehr schlüssigen Erwägung, dass die Bürger erst dann die "nötige
demokratische Kontrolle ausüben können". Das hätte ich mir von Joachim
Gauck schon als Replik auf den im Mai regierungsseitig verhängten
verteidigungspolitischen Maulkorb gewünscht - aber spätestens am vergangenen
Sonntag, beim sang-, klang- und vor allem Rechenschafts-losen Räumen des
Feldlagers in Kundus.
P.S. Quellen zum zweiten Absatz
Vorgabe de Maizières für den 2013er Wahlkampf:
http://www.presseportal.de/pm/
Rede von Bundespräsident Horst Köhler am 10. Oktober 2005:
http://www.bundespraesident.
(2013/30) 7.10.2013
DIE WELT
Symbolische Schlüsselübergabe im Feldlager Kundus (Daniel-Dylan Böhmer
"Kundus war richtig" von WELT v. 7.10.2013, S. 1, u. Thorsten
Jungholt "Abschied vom Schicksalsort", ebensa S. 5)
"Kundus war wohl so richtig wie
der Kommunismus: Irgendwie herausfordernd und anziehend, aber mit lebenden
Menschen und Politikern nicht zu machen. Ja, und wir haben auch nicht
konsequent genug unsere demokratischen Prinzipien verteidigt, und zwar nicht
einmal im deutschen Wahlkampf. Denn dort hatte Verteidigungsminister de
Maizière die Bundeswehr, ihre Neuaufstellung und ihre Auslandseinsätze - damit
auch ISAF und Kundus - bewusst herausgehalten. So hatte er es in einem
Interview noch im Mai frank und frei bekannt.
Hat er damit nicht die Verantwortung
von den Wählern genommen und besitzt sie hinfort selbst? Das hätte er am
Sonntag genau so erklären erklären können. Statt sich unter Abgabe bunter symbolischer
Schlüssel und schulmeisterlichem Vorhalt einer traditionellen afghanischen
Erzählung flugs zu absentieren. Das war ein bizarres Glasperlenspiel neuerer
Art!"
P.S.
Quelle zum ersten Absatz:
http://www.presseportal.de/pm/
Zum zweiten Absatz: Das vordergründige Geschichtchen lautete nach dem Redemanuskript wie folgt: "Es war einmal
ein Bauer, der
hatte drei Söhne. Als er starb,
ließ er seine
Söhne zu sich kommen
und sagte: Ich habe einen
Schatz für Euch.
Er befindet sich auf
dem Feld. Wer ihn als erster findet,
dem gehört er. Der Vater starb.
Die Söhne gruben jede Ecke des Feldes um. Den
Schatz fanden sie nicht. Als sie jedoch
im Herbst die besonders guten
Erträge verkauft
hatten, verstanden sie
die Worte des Vaters." Anm.: Besser, de
Maizière hätte seinen drei afghanischen Söhnen die Passage nach Deutschland empfohlen,
bezahlt und die Einreise vorab mit BMI abgestimmt gehabt ;-)
P.P.S.
Das Defizit bei der demokratischen Absicherung der Außen- und
Sicherheitspolitik folgt, wie ich zugebe, längerer Tradition, siehe schon das Interview
des damaligen Außenministers Kinkel mit n-tv i.J. 1993, im damals anlaufenden
Wahlkampf zum 13. Deutschen Bundestag:
www.vo2s.de/mi_1993_kinkel-
(2013/29) 7.10.2013
Kölner Stadtz-Anzeiger
Aufgabe des Feldlagers in Kundus; Kommentar „Flucht aus Afghanistan“ von
Steffen Hebestreit (Kölner Stadt-Anzeiger 7.10.2013, S. 4)
"Zwei Nachrichten kann ich ja
noch in etwa übereinander bringen: Dass Verteidigungsminister de Maizière im
Mai die Auslandseinsätze der Bundeswehr aus dem Wahlkampf heraus halten wollte
– und dass er dann wenige Tage nach der Wahl mit dem Räumen von Kundus einen
sehr symbolträchtigen Schritt aus Afghanistan heraus tut. Eine positive Bilanz
zu ziehen, das wäre sicher auch ihm schwer gefallen - da ist Steffen Hebestreit
völlig zuzustimmen - und auch eine Evaluation der Auslandseinsätze insgesamt
wollte die Bundesregierung im Wahlkampf sicher tunlichst vermeiden. Am ehesten
fühle ich mich jetzt übrigens an das damals fluchtartige Räumen des Feldlagers
in Belet Huen erinnert, nach Scheitern der Mission in Somalia.
Völlig aus der Zeit gefallen wirkt
auf mich allerdings eine dritte Nachricht der letzten Tage, nämlich der Appell
von Bundespräsident Gauck in seiner Rede zum Tag der deutschen Einheit: Als er
deutlich mehr außen- und sicherheitspolitisches Engagement Deutschlands
einforderte, mehr militärische Solidarität, auch bei fernen Konflikten. So wie
ISAF oder UNOSOM II?
P.S.
die Quelle zu de Maizières erstaunlichem Maulkorb für den Wahlkampf, sein
eigenes Ressort betreffend: http://www.
(2013/28) 4.10.2013
DIE WELT, abgedruckt 11.10.2013
Tag der Einheit; Bericht / Kommentar zu Joachim
Gaucks Rede "Die Freiheit in der Freiheit gestalten" v. 3.10.2013 (Torsten Krauel,
„Inselrepublik Deutschland“, DIE WELT v. 4.10.2013, S. 1, und Hannelore Crolly
„Deutschland ist keine Insel“, ebenda S. 4)
Sehr richtig, die außenpolitische
Debatte ist überfällig, im Grunde seit 20 Jahren. Joachim Gauck adressiert
dafür in seiner Rede zur Einheit die Bürgerinnen und Bürger. Nur: Wie kann der
Diskurs dort beginnen? Für den Wahlkampf zum 18. Deutschen Bundestag hatten
sich Lothar de Maizière und Paar Steinbrück just das Gegenteil vorgenommen und
sie waren darin auch recht erfolgreich – nämlich die Bundeswehr aus dem
Wahlkampf heraus zu halten.
Will man dagegen bürgerliche
Aufmerksamkeit und demokratische Substanz für die Aufgabe schaffen, dann
braucht es offenbar etwas anderes: Auswahlfähige, differenzierte Aussagen der
einzelnen Parteien, welche abgrenzbaren Aufgaben sie den Streitkräften in den
kommenden vier Jahren zuweisen wollen, andererseits, welche Fähigkeiten oder
Fallgruppen als Lehre aus den Einsätzen – gerade auch aus ISAF! – ausscheiden
sollen. Exakt ein solches Verfahren hatte der frühere Bundespräsident Horst
Köhler der Politik in seiner hellsichtigen Rede
zum fünfzigjährigen Bestehen der Bundeswehr am 10. Oktober 2005 ins
Stammbuch geschrieben.
(2013/27) 4.10.2013
Frankfurter Allgemeine
Tag der Einheit; „Deutschland darf kein schlafwandelnder Riese sein“, F.A.Z. v.
4.10.2013, S. 2 / rso)
Der Bundespräsident fordert, ein
somnambules Deutschland möge nun doch aus seinem Traum erwachen und in der
Außen- und Sicherheitspolitik entschlossene Schritte vorwärts setzen. Nach der
offiziösen Agenda der gerade vergangenen Wahl überraschen solche Wort sehr.
Hatte nicht noch im Mai Verteidigungsminister Thomas de Maizière den
SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ganz ausdrücklich dafür gelobt, dass die
Bundeswehr, die Auslandseinsätze und die Bundeswehrreform aus dem Wahlkampf zum
18. Deutschen Bundestag herausgehalten werden sollen? Und das Thema hatte dann
ja auch keine bemerkbare Rolle gespielt.
Und kann man bei der in stabiler
Demoskopie attestierten, über Jahre kritischen Haltung der Bürgerinnen und
Bürger etwa zu ISAF sagen, auch hier läge ein lobenswertes Maß von innerem
Einverständnis mit ihrem Land vor? Steht nicht nach wie vor der noch von
Horst Köhler am 10. Oktober 2005 mit unmissverständlichen Worten an
Parlament, Regierung und Parteien gerichtete Auftrag offen, sein Auftrag
nämlich zu einer gesamtgesellschaftlichen Debatte über die erweiterten Aufgaben
der Bundeswehr? Kann man Einsätze wie in Afghanistan, im Irak, in Libyen oder
in Mali schon als Benchmark oder de-facto--Standard nehmen oder
bedarf es nicht doch zuvor einer sehr differenzierenden Evaluation der Außen-
und Sicherheitspolitik der letzten 20 Jahre, ihrer ursprünglichen Ziele, ihrer
zu mühsamen Erfolge und ihrer zu einschneidenden Nebenfolgen? Und vor allem:
Geht es überhaupt um Solidarität mit Partnern und damit um die nach aller
Erfahrung Interessen-verschobene Binnenmoral eines Bündnisses – oder geht es
nicht doch um den kategorischen Imperativ, also um ein allgemein gültiges,
strukturiertes Handlungskonzept, das nach gehöriger Abstimmungsarbeit
nationalrechtlich wie auch völkerrechtlich dann auch dem Rechtsstaatsgebot
entspricht? Und das auch potenzielle eigene Menschenrechtsverletzungen ehrlich
mit in die Bilanz stellt – wie sie am Kundus erschreckend real geworden waren?
P.S. Quelle zu dem im ersten Absatz
zitierten Lob de Maizières:
http://www.presseportal.de/pm/
(2014/26) 9.9.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
lokale Berichterstattung zur Bundestagswahl 2013; Bert-Christoph Gerhards
Reportage „Souveräner Platzhirsch Bosbach“ (Kölner Stadt-Anzeiger, Lokalteil
Rhein-Wupper v. 6.9.2013, S. 28)
Ganz so souverän und siegessicher
wie der Stadt-Anzeiger habe ich den Platzhirschen nun doch nicht erlebt. Gut,
es gab geschliffene Rhetorik und vieles lief wie vom Teleprompter. Aber der
amtierende Champion wurde auch sehr emotional, etwa als es um die Bewertung des
ISAF-Einsatzes ging. Als "reine Demagogie" brandmarkte er es, in
Afghanistan keine Verbesserungen zu erkennen. Welche, das sagte er konkret dann
aber nicht. Dafür bediente er sich gleich selbst demagogischer Techniken -
polarisierte extrem mit Gräueltaten der Taliban, überging gleichzeitig aber
geflissentlich etwa die Feuerhölle von Kundus, in der auch viele junge Menschen
ganz elendlich gestorben sein müssen. Auf die Frage, welche Art Einsätze der
Bundeswehr er nach ISAF erwarte und welche definitiv nicht, blieb er jede
Antwort schuldig.
Auch bei der Bewertung der
Ausspähung durch Nachrichtendienste war seine Einschätzung zwischen naiv und
abwiegelnd - "Wer will das denn alles lesen?" - um gleich an den
folgenden Tagen durch weitere Enthüllungen über das Brechen von
Verschlüsselungen und das Auslesen von Verbindungsdaten sicher geglaubter
Mobilgeräte widerlegt zu werden.
(2014/25) 9.9.2013
WZ / Bergischer Volksbote
lokale Berichterstattung zur Bundestagswahl 2013; Ekkehard Rüger "Politrunde
genügte sich selbst" (Bergischer Volksbote v. 6.9.2013, S. 15)
Ausgerutscht, wie der Volksbote
schreibt? Vielleicht. Aber da gilt halt: Aufstehen, Krönchen richten,
weiterlaufen! Für mich hat sich der Abend gelohnt, speziell weil ich den
CDU-Kandidaten später auf Augenhöhe fragen durfte: Welchen Bundeswehreinsatz
könne er sich nach der Wahl vorstellen und welchen definitiv nicht? Er konnte
oder wollte darauf nicht antworten, auch sonst niemand auf dem Podium. Ich
hätte dazu immerhin einen konkreten Vorschlag.
Und nun zu den Ausrutschern. Mein
politischer Punkt ist hier: Die Abhängigkeit der Kommunen von der Gewerbesteuer
ist wie ein großes Kasino, in dem ein paar Profis ein paar Asse mehr im Ärmel
haben. Und da spielt es am Ende gar keine so große Rolle, ob Firmen wirklich
krank sind – Goetze war es im Jahr der großen Gewerbesteuer-Rückforderung wohl
nicht – oder ob sie sich nur lokal krankschreiben lassen. Und in dieser
Hinsicht könnte man die zwei Großen aus Burscheid auch schon mal verwechseln. Nur
eine Randnotiz: Ich hatte bei beiden Firmen einen Gesprächstermin erbeten.
Beide waren nicht interessiert und eine sprach dann auch Klartext: „Wir sind
mit der gegenwärtigen Administration sehr zufrieden.“ Schön das.
(2013/24) 30.8.2013
DER SPIEGEL
Syrien; Hans Hoying, Christoph Reuter und Alexander Bühler "Assads
kaltes Kalkül" (SPIEGEL 35/2013, S. 79ff)
Für einen Mord will man ein Motiv,
für den Massenmord an unschuldigen Kindern, Frauen und Greisen ein besonders
nachvollziehbares. Assad glaube schlicht, ihm könne keiner? Das ist kein
schlüssiger Handlungsanlass für den Chef eines in Ruinen fallenden Staats, ohne
Fahrkarte nach nirgendwo. Das ist der Vorwurf der Lästerung und die
ungeschminkte vogelfrei-Erklärung, gleichzeitig Motiv und
Der Artikel hätte der
Vollständigkeit halber noch erwähnen dürfen: Deutschland hat wackere Beihilfe
zu Aufbau und Versorgung sowohl der irakischen als auch der syrischen
Giftgas-Produktion geleistet - trotz geschäftiger
Kriegswaffen-Export-Kontrolle. Irgendetwas ist auch in unserem Staate sehr
faul.
P.S.: Quellen zu Abs. 2
http://www.tagesspiegel.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/
(2013/23) 29.8.2013
Süddeutsche Zeitung
Syrien; Wolfgang Ischinger, Nie wieder Srebrenica (Süddeutsche v. 28.8.2013, S.
2)
Ischinger rückt den erwarteten
Militärschlag zutreffend in die Nähe einer Strafexpedition. An seinem
strategischen Plan bleibt dann aber der Übergang zu der eigentlich anvisierten
diplomatischen Lösung völlig unkalkulierbar. Und der Vergleich mit Bosnien ist
wohl eher vom dortigen Ergebnis her Wunsch-gedacht.
Die Problemlage in Syrien hat mit
Landkarten, Fahnen und Staatsangehörigkeiten kaum noch etwas zu tun. Moskau und
Washington mögen sich auch als diplomatische Garanten des Friedens verstehen –
am Verhandlungstisch müssten allerdings ganz andere Nationen und Gruppen
sitzen, wenn denn die Ergebnisse repräsentativ und nachhaltig sein sollten,
Gruppen, die man ggfs. nicht einmal aufwerten oder stärken will. Zum anderen
sind die großen Player der Geopolitik und ist insbesondere die sich nun wieder
formierende Allianz der Aktiven viel stärker in den Granattrichter-Teppich des
Nahen Ostens verstrickt, als dass sie als ehrliche Makler auftreten könnten.
Ihre unbezahlten Hypotheken reichen zurück zu der eigennützigen und bis heute
wirkenden Operation Ajax, mit der der säkulare iranische Staatspräsident
Mossadegh gestürzt und ein despotischer Reza Pahlewi installiert wurde, über
die fatale Waffenbrüderschaft mit einem – erst mit Giftgas-Technologie
ertüchtigten und später in die Schlinge fallen gelassenen – Saddam Hussein bis
zu den verwickelten Konfrontationen der neueren Zeit. Nichts, was den dringend
erforderlichen Vorschuss an Vertrauen und Verlässlichkeit schaffen würde, nur
immer mehr desselben.
Erst recht verstehe ich die
Dosierung nicht, in der Ischinger äußere Gewalt unterstützt – offensichtlich zu
wenig, um alle Konfliktparteien bis zur Passivität zu schwächen, offensichtlich
zu viel, um Frieden oder zumindest Waffenstillstand wahrscheinlicher zu machen
und neue zivile Opfer zu vermeiden. Aber wahrscheinlich genug, um die
Waffendepots nach dem bewährten Muster „old out, new in“ zu sortieren.
(2013/22) 22.7.2013
Das Parlament
Aussetzen der Wehrpflicht; Alexander Weinlein "Ein Staat baut auf die
Freiwilligen" (Das Parlament v. 15.7.2013, S. 6)
Die Wehrpflicht halte ich noch immer
für eine sachgerecht ernüchternde Fußfessel für ambitionierte Außen- und
Sicherheitspolitiker. Zumindest müssten die Tatbestandsvoraussetzungen einen
Auslandseinsatzes deutlich klarer definiert sein als durch dehnbare Begriffe
wie "Krise", "Konflikt" und "Vorbeugung", bevor
wir ganz auf die Freiwilligen bauen.
Darum will und kann ich unserem
Verteidigungsminister auch nicht darin zustimmen, die Auslandseinsätze und die
Neuausrichtung der Bundeswehr aus dem Wahlkampf herauszuhalten, wie er es noch
im Mai des Jahres gefordert hat. Schicksalhafte Fragen gehören in den Diskurs
mit den Wählern. Was sonst? Und: wann sonst?
P.S. Quelle zu der zitierten
Äußerung von Herrn BM de Maizière
http://www.presseportal.de/pm/
(2013/21) 21.7.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Reaktion der Bundesregierung auf die "Prism"-Affäre (Burkard v.
Pappenheim "EU soll Daten nach deutschem Vorbild schützen", KStA v.
19.7.2013, S. 1; "Eine Bedrohung für uns alle", Interview mit der
Kanzlerin, ebd. S. 3)
Ob die EU Daten nach deutschem
Vorbild - oder jedenfalls ohne qualitative Abweichungen von unseren Standards -
schützen wird und ggfs. wann, das treibt mich eher wenig um. Die wesentliche
Frage ist, ob und wann die amerikanischen Dienste genau das tun würden und
inwieweit selbst der amerikanische Präsident seine Dienste beim besten Willen
beeinflussen könnte - zuverlässig und für uns transparent.
Wenn die Kanzlerin nun erstmal eine
eingehende Aufklärung des Sachverhalts ankündigt, so spielt sie am ehesten auf
Zeit. Der BND hat an der Berliner Chausseestraße jüngst eine
Geheimschutzfestung mit der Kantenlänge eines U-Bahn-Streckenabschnitts aus dem
Boden gestampft; er wird in seinen Hallen und Höhlen und auch aus der
jahrzehntelangen transallantischen Kooperation der Dienste über hoch
detaillierte Fakten verfügen. Sonst wäre der BND zum wiederholten Mal sein Geld
nicht wert.
Gleich zu Anfang des Interviews
fordert die Kanzlerin die Balance zwischen der - von ihr auch zuerst genannten
- Sicherheit vor Terrorismus und dem Schutz unserer Daten. Das aber sollten wir
nüchtern und mit dem gebotenen Augenmaß angehen: Die ganz wesentlichen Risiken
für unser Leib und Leben und für die Lebenschancen unserer Nachkommen, sie
resultieren nicht aus Terrorismus, sondern aus anderen, um Größenordnungen
relevanteren Ursachen. Und selbst im Falle des Terrorismus haben wir das Risiko
in den letzten Jahren wohl fortlaufend und mutwillig selbst erhöht, auch durch
eine von manichäischem Schwarz-Weiß-Denken geprägte Außen- und
Sicherheitspolitik. Die allerdings einigen unter uns großen Nutzen gebracht
hat. Ich votiere im Zweifel für den Schutz der Bürgerrechte.
(2013/20) 18.7.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Wahlberichterstattung; Sarah Brasack & Daniela Fobbe-Klemm „Das Internet
kennt keinen Feierabend. Kandidaten im Bergischen Kreis bereiten sich auf den
Wahlkampf vor – auch mit Hilfe von Twitter und Facebook“ (Kölner
Stadt-Anzeiger, Ausgabe Rhein-Wupper v. 17.7.2013, S. 27)
Darf ich bescheiden drauf hinweisen?
Da wäre noch eine kleine, aber feine parteifreie Kandidatur für den
Rheinisch-Bergischen Kreis: Meine.
Und wer kann, der findet sie sogar in diesem neuen Internet.
(2013/19) 16.7.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Extremismus unter Soldaten; Bericht und Kommentar von Mira Gajevic („Bundeswehr
zieht Extremisten an“, „Der MAD ist spät dran“, KStA v. 15.7.2013, S. 1 u. 4)
Der MAD ist sogar sehr spät dran.
Das damalige Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr in München hatte
bereits im Jahre 1993 in einer eingehenden Studie auf einen Trend der Bewerber
zum rechten Rand des politischen Spektrums aufmerksam gemacht, siehe das
SOWI-Arbeitspapier Nr. 77 vom März 1993. Im Grunde brauchte sich schon damals
niemand zu wundern, dass von einer robusteren Aufgabe robustere Kerle angezogen
werden.
Aber halt: Dürfen wir das derzeit
überhaupt debattieren? Hat nicht Verteidigungsminister de Maizière noch im Mai
den Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten Steinbrück ganz ausdrücklich dafür
gelobt, dass dieser die Bundeswehr aus dem Wahlkampf heraushalten will? Und
hatte unser Verteidiger nicht noch zackig hinzugefügt, diese – das nenne ich
jetzt einfach mal so – Auszeit aus der Demokratie solle nicht nur für die
Auslandseinsätze gelten, sondern für die gesamte Neuausrichtung der Bundeswehr?
Lupenreine Demokraten allesamt, wie mir scheint.
P.S.: Quelle zur zitierten Aussage
des Verteidigungsministers:
http://www.presseportal.de/pm/55903/2468313/waz-verteidigungsminister-de-maizi-re-sicherheitspolitik-aus-dem-wahlkampf-heraushalten
(2013/18) 21.5.2013
Kölner Stadt-Anzeiger, publiziert 21.5.2013 unter http://www.ksta.de/politik/bundesrechnungshof-schon-frueh-bedenken-gegen-drohnenprojekt-,15187246,22799754,view,DEFAULT.html
gestoppte Beschaffung der Euro-Hawk-Drohne; Mira Gajevic „Druck auf de Maizière
wächst“, u. „Der fliegende Wal ist gestrandet“; Steffen Hebestreit „Im
Blindflug“ (KStA 21.5.2013, S. 1, 2 u. 4)
Die Drohnenprojekte sind von der
Art, die Regierungschefs, Verteidigungs- und Haushaltsausschüsse schnell und
nachhaltig betören kann: Trendige technokratische Problemlösungen mit einer
eingängigen Legende, mit dem Versprechen, auswärtige Gewalt ohne Reue und
gemeinsam mit Waffen- und Rüstungspartnern projizieren zu können,
perspektivisch gar noch bei anderen Waffensystemen einige Euro sparen zu
können.
Wie ein Schelmenstück wirkt, wenn
die deutschen Drohnen nun an Verkehrsregeln scheitern. Und nicht an dem sehr
ernsthaften Argument, dass sie nur ein weiteres Beispiel eskalierender Rüstung
sind, mit eher Konflikt-stärkendem als Konflikt-lösendem oder gar
Konflikt-vorbeugendem Potenzial, und dass sie in einem völkerrechtlichen
Schattenreich operieren.
(2013/17) 14.4.2013
Frankfurter Allgemeine
Zypern-Rettung; Holger Steltzner "Reiche Zyprer, arme Deutsche"
(F.A.Z. 11.4.2013, S. 1)
Was genau an den EZB-Zahlen zur
Vermögensverteilung in der EU ist so neu? Dass die deutsche Gesellschaft beim
Familienvermögen – ebenso wie bei den Bildungsschichten, und auch dadurch
perpetuiert – fest geschachtelt ist, das blieb vielleicht weithin unbeachtet,
war aber nicht unbekannt. Auch die im Ländervergleich signifikante deutsche
Spreizung ist ein eher alter Hut; der von Corrado Gini entwickelte
Koeffizient ist heute knapp über 100 Jahre alt und ein viel gebrauchtes
Standardwerkzeug. Und schließlich konnte man dies annehmen: Der Nutzen der
neueren ökonomischen Strategien weist einen Gradienten von oben nach unten auf
- unabhängig davon, wo die systemrelevanten Eliten gerade einmal lokalisiert
sind; und das gilt natürlich auch für die aktuellen Feuerwehreinsätze.
Aus meiner Sicht hat allerdings der
von Holger Stetzner am Ende herausgehobene Vergleich unter ehemaligen
Comecon-Volkswirtschaften mehr allgemeine Aufmerksamkeit verdient, mögen auch
diese Fakten bereits vorher recht gut erschlossen gewesen sein: Staaten ohne
einen starken internen Wiedervereinigungspaten haben es ganz offenbar besser
verstanden, das vorhandene und entwicklungsfähige Vermögen gleichmäßiger und
chancengerechter auf die i.J. 1989 anwesenden Landeskinder zu übertragen, als
das in den Spielregeln von Beitritt a.k.a. Wiedervereinigung für Ossis angelegt
war.
Genau dieser Umstand wird
Deutschland noch viel Frust-getragene DDR-Nostalgie bescheren und als rituelles
Gegenmittel wiederkehrende Berichte und erregte Plenardebatten über die breite
Aufarbeitung von SED-Unrecht. Obwohl die Opfer der ökonomischen
Wiedervereinigung mehrheitlich solche Bürgerinnen und Bürger im Osten waren,
die weder mit der SED noch mit der Stasi irgendetwas gemein hatten. Auch da
gibt es eben einen unverdienten und sehr bedauerlichen ökonomischen Gradienten.
Quellen:
-
Zur
EZB-Umfage siehe F.A.Z.-Beitrag mit Ländervergleich: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/armut-und-reichtum/ezb-umfrage-deutsche-sind-die-aermsten-im-euroraum-12142944.html;
Pressemitteilung der EZB v. 9.4.2013 (englisch) siehe hier: http://www.ecb.int/press/pr/date/2013/html/pr130409_1.en.html
-
Bericht
der Bundesregierung zum Stand der Aufarbeitung der SED-Diktatur siehe http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/121/1712115.pdf
; zur Debatte in der Plenarsitzung v. 22.3.2013 (TOP 30) siehe Protokoll http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17232.pdf
(2013/16) 22.3.2013
Frankfurter Allgemeine
ZDF-Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter"; Debatte in der
Frankfurter Allgemeinen (u.a. Frank Schirrmacher "Die Geschichte deutscher
Albträume", F.A.Z. v. 15.3.2013, S. 31; Interview mit Nico Hofmann
"Es ist nie vorbei", F.A.Z. v. 18.3.2013, S. 27; Martin Schulz
"Was die Geschichte dieses Films uns lehrt", F.A.Z. v. 20.3.2013, S.
25)
Wenn ich die schwer entzifferbaren
Zeilen aus dem vielbändigen Kriegstagebuch meines Vaters lese – viele von uns
hüten wohl einen solchen Schatz – dann habe ich ganz andere Ängste, als dass
ich mit ihm zu wenig über seine Zeit in der Nähe von Kursk oder später bei
Belgrad gesprochen hätte; ich habe das Tagebuch auch für meine Kinder ins
Lesbare übersetzt. Mehr plagt mich vielmehr die Vorstellung, das Schlechteste
sei gar nicht nur zeitweise und unmittelbar kriegsbedingt zum Vorschein
gekommen. Sondern: Der Krieg habe den damals gegnerischen Völkern Lehren
erteilt, die noch heute Menschen fressen. Völkern, die in ihrer
technokratischen Orientierung schon seinerzeit seltsam verwandt und strukturell
vergleichbar waren und die gleichermaßen von darwinistischen Weltbeherrschungs-
wie von Endgegner-Phantasien geprägt waren und sind. Lehren, die den
geopolitischen Einfluss auch nach dem Krieg sehr robust sicherten und sichern,
und das besonders augenfällig bei zentralen Verlierern und Gewalttätern; Robert
Harris hatte dafür in seinem Romandebüt "Fatherland" ebenso irritierende wie treffende Bilder
gewählt.
Mich verstört, dass nach einer Zeit
der Benommenheit auch Deutschland wieder zurück zu einer heute gerne
beschworenen machtpolitischen Normalität gefunden hat. Zwar nicht zu einem
Vernichtungskrieg nach Maßstab der beiden Weltkriege, wohl aber zu
Interventionen und Strafexpeditionen – neudeutsch: zur power projection – wie im frühen 20. Jahrhundert, zur Zeit der
Hunnenrede. Der damalige Verband hat sich in ähnlicher Weise neu konfiguriert –
wie das sprichwörtliche Pack, das sich schlägt und flugs wieder verträgt.
Am meisten aber erschüttert mich:
Alles dies konnte ohne den sachtesten Federstrich des Grundgesetzgebers und
ohne ernsthafte gesellschaftliche Debatte voran schreiten. Das Konkreteste, was
wir zu den Gründen und Zielen der neuen Außen- und Sicherheitspolitik in Händen
halten, sind Weißbücher und Verteidigungspolitische Richtlinien:
Verfassungsrechtlich ein Nullum, noch eine Notverordnung hätte mehr juristisches
und demokratisches Gewicht. Mancher mag diese Politikentwicklung fern der
Bürger gar als besonderen Ausweis staatsmännischer Kunst rühmen, als effiziente
Führung eines zur Modernisierung alleine nicht fähigen Staatsvolks. Doch machen
wir uns nichts vor: Auch unser neues Bündnis hat, gemeinsam handelnd oder auch
getrennt, schon wieder einige Millionen Kerben auf dem Holz, jede Kerbe ein
Zivilist, darunter in großer Mehrzahl Kinder, Frauen, Greise. Mit einem
robusten Interventionismus zur Wahrung wohlverstandener Interessen und trotz
all der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der
Barmherzigkeit, die wir ganz unverdrossen im Schilde führen.
Und nun geht es gar nicht mehr um
Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern. Es geht um die politisch Wachen und
Aktiven, geschätzt ab 12 Jahren Alter. Es geht auch um die hierzu schrecklich
nichtssagenden Wahlprogramme. Und es geht um hier und nun wieder verwüstete
Seelen. Wenn der Dreiteiler diese Reflektion anstieße und aus einer
Erinnerungskultur zu einer jetztzeitigen Besinnungskultur führte, dann wären
für mich Geld der Gebühreneinzugszentrale und die kollektive Zeit an der
Mattscheibe einmal sehr gut investiert.
(2013/15) 28.2.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Bundeswehr; Interview
mit Verteidigungsmininister de Maizère am 24.2.2013 in der Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung u. UNIFIL-Vorkommnis; Kommentare von Steffen
Hebestreit „Kühler Dienstherr“ (Kölner Stadt-Anzeiger v. 27.2.2013, S. 4) u.
„Besser genau hinsehen“ (KStAnz v. 28.2.2013, S. 4)
Ich erwarte, unsere Außen- und
Sicherheitspolitiker werden sich im anlaufenden Wahlkampf an das Maß des
Verteidigungsministers de Maizière halten: Nicht nach Anerkennung gieren,
einfach gute Arbeit leisten. Dazu gehört als erstes, nach 20 Jahren nun endlich
eine differenzierte Bilanz der erweiterten Außen- und Sicherheitspolitik zu
ziehen, die Erfolge und die enttäuschten Erwartungen zu resümieren. Etwa: Was
bleibt von UNOSOM II, war LIBELLE notwendig und wird ISAF ein Erfolg gewesen
sein? Sodann, so hoffe ich, werden die Wahlbewerber in einem Dialog mit uns
Bürgern und speziell mit den Soldaten unter uns Bürgern einen aktuellen
Soldateneid und eine Wehrverfassung vereinbaren, die gegenüber dem Status des
Kalten Kriegs auf die neue Konfliktrealität zutrifft.
Ein klarer Auftrag, das hat fast
jeder schon zu spüren bekommen, erleichtert Berufswahl und Berufsausübung.
Unsere Soldaten brauchen keine maximierten Zustimmungsraten bei
Einsatzbeschlüssen; parlamentarische Einmütigkeit ersetzt keine
Rechtsstaatlichkeit oder auch nur Berechenbarkeit. Aber eine Sinn stiftende,
definierte – will sagen eine klar umrissene und begrenzte – Aufgabe wäre gegen
Frust und für wirksame innere Führung sehr wirksam. Sie würde auch gegen
aggressive Langeweile immunisieren, wie sie sich gerade im UNIFIL-Einsatz
realisierte.
(2013/14) 21.2.2013
Frankfurter Allgemeine
Promotionsüberprüfungen; Berichte u. Kommentierungen u.a. in der F.A.Z. v.
7.2.2013: Günther Nonnenmacher „Kein Ruhmesblatt“ u. Heike Schmoll „Nur
Verlierer“ (beide S. 1), Reinhard Müller „der Doktor vor Gericht“ u. Jürgen
Kaube „Akribisch“ (beide S. 8)
Die modernen akademischen Dramen
lösen in den Redaktionen und auch bei der schreibenden Leserschaft in der Regel
Nachsorge aus. Mal bedauernd, mal hämisch, mal das Verfahren oder die auf allen
Seiten Beteiligten hin und her wendend – seltener aber strukturell oder
gerichtet auf eine bessere Leistungsfähigkeit unserer so genannten
Wissensgesellschaft. Und wenn man einmal ganz profan annehmen darf, dass auch
akademische Auszeichnungen so wie auch andere sozialen Attribute auf
Marktkräfte reagieren, dann sollten auch ökonomische Werkzeuge als Remedur im
Blick bleiben.
Da wäre insbesondere die
entschlossene Verknappung und das Kappen aller Insignien, die sich am ehesten
akademischen Schein und bürgerliche Eitelkeit zunutze machen, – in bisweilen
sehr obskuren Händeln. Wozu sind Titel honoris causa oder – bei den Ingenieuren
– Ehren halber überhaupt gut, wenn man über die unmittelbaren Akteure hinaus
schaut? Muss, wer keine ernsthafte wissenschaftliche Arbeit schreibt, aber an
der Universität teils launige, teils fahrige Vorlesungen anbietet, mehr als
„zeitarbeitender Dozent“ heißen? Pardon, liebe wirkliche Dozenten, wenn
überhaupt?
Wozu braucht es Amtsbezeichnungen
wie „Direktor und Professor“, die bestenfalls den Vakanzen-Annoncen der
betreffenden Einrichtungen eine Art Goldfaden einwirken sollen, die die
Wissenschaft aber rein gar nicht weiter tragen? Auch das so eingängige, weil
Fehlsteuerung annehmlich machende Verjährungsargument („Zitierfehler sind
unschlüssigerweise länger zu ahnden als Totschlag!“) kann man ganz anders
wenden und fragen: Müsste eine akademische Auszeichnung nicht eine aktuelle
wissenschaftliche Kompetenz anzeigen und wäre sie daher nicht zumindest
jahrzehntweise durch eine neue originelle Forschungsleistung und/oder eine
veritable Lehrleistung aufzupolieren – bis man seinen Titel dann, sagen wir ab
siebzig, dauerhaft versteinern lassen dürfte?
Man könnte auch ganzen Zünften die
dort in bedingtem Reflex, aber mit marginalem wissenschaftlichem Delta
produzierten Aushängeschilder ausreden. Das Tragen akademischer Grade, das so
viele Zeitgenossen beschwipst, könnten wir schließlich auch mit einer
Genusssteuer belegen, vielleicht gar Prämien ausloben für die, die ihren Titel
ohnehin schon Leid sind und abgeben möchten.
Nach alledem wäre nicht nur zu
hoffen, dass mehr Qualität die Quantität ablöst, sondern dass wir uns deutlich
degressiv mit den Höhen und Tiefen des Titelmarktes abzuplagen hätten, privat
wie medial.
(2013/13) 20.2.2013
Dolomiten, abgedruckt 26.2.2013
Promotionsüberprüfungen; Florian Stumfall „Zu viel der Ehre für Annette
Schavan“ (Dolomiten v. 19.2.2013, S. 3)
Die Zitierfehler in Annette Schavans
Dissertation werden kaum die Fähigkeit beeinflusst haben, ihre Referentenstelle
gut auszuüben und die junge Schavan wäre sicher selbst ohne Promotion für diese
Arbeit inhaltlich gut qualifiziert gewesen.
Die Defizite der derzeitigen wie
auch der voran gegangenen Affären und Debatten liegen eher in der
Personalisierung. Ernsthaft fragen sollte man strukturell – und das auch
fächer- und natürlich grenzüberschreitend: Sind die Insignien der Wissenschaft
nicht schon lange zu Lametta der selbst ernannten Wissensgesellschaften
denaturiert, zu einem bizarren Titelhandel rund um Ehrendoktorate,
Honorarprofessuren oder Lego-artig konfigurierte Dissertations-Themen im primären
Interesse der Doktorväter? In Deutschland darf man wohl auch die
Amtsbezeichnung „Direktor und Professor“, die einige Institutionen nutzen, zu
diesem Markt der Eitelkeiten rechnen.
Strategische Verknappung könnte den
Wert unserer Orden der Wissenschaft steigern. Vielleicht auch, akademische
Würden nur mit einer definierten Halbwertzeit zu vergeben. Dann braucht auch
niemand mehr das „Totschlags“-Argument mit der Verjährung zu bemühen.
Anm.
Unmittelbar nachdem ich obigen (kritischen) Leserbrief von meinem Mail-Account
abgesendet hatte, bekam ich schon Werbung
eines Schweizer Beratungsunternehmens eingeblendet, das sich auf die Vermittlung
von Dr.- und Professorgraden honoris causa bzw. von Honorarprofessuren
spezialisiert hat. Die Werbe-Bots sind offenbar noch recht grobschlächtig in
ihrer Zuordnung. Oder schon viel durchtriebener, als wir denken.
(2013/12) 12.2.2013
DER SPIEGEL
Promotionsüberprüfungen; Jan Friedmann, Barbara Schmidt, Fidelius Schmidt u.
Markus Verbeet "Auf Abruf" (DER SPIEGEL 7/2013 S. 26f)
Nehmen wir doch
"Bildungsrepublik" und "lebenslanges Lernen" ernst und
drainieren den Markt der Eitelkeiten: Akademische Titel hielten nur auf Zeit -
oder auf Abruf - und wir würden sie wie einen Personenbeförderungsschein
verlängern, sagen wie alle zehn Jahre durch frischen Leistungsnachweis. Ab 67
dürften wir sie auch in unsere post-mortem-Visitenkarte meißeln lassen. Der Honorar-Professor
würde schlichter Dozent und die skurrile Amtsbezeichnung "Direktor und
Professor" firmierte künftig nur mehr als Direktor. Vielleicht könnten wir
sogar den Dr.-Ing. E.h. zum gemeinverständlichen Dr.-Ing. h.c. umwidmen. Aber
das wäre schon arg revolutionär.
(2013/11) 4.2.2013
DER SPIEGEL
Beschaffung von Drohnen für die Bundeswehr; Thomas Darnstädt „Ein Feind namens
Müller“ (DER SPIEGEL 6/2013 v. 4.2.2013, S. 41)
Volle Zustimmung! Das einzige, was
Drohnen mit Flugzeugen oder Artillerie gemein haben, das ist die attraktive
Beschaffung. Für mich gehören Drohnen zu den ehrlosen Strategien, die eine –
zunächst – ohnmächtige Wut auslösen können. Am Beispiel der Giftmischer und
Meuchelmörder hat Kant diese Art Cleverness als todsicheren Keim künftiger
Konflikte kategorisiert.
Quellen:
-
Zu
Kant / zu den von ihm so genannten "ehrlosen Stratagemen" wie
Meuchelmördern / percussores und
Giftmischern / venefici siehe seine
immer aktuelle Schrift "Zum ewigen Frieden", 1795, 6.
Präliminar-Artikel (Reklam-Ausgabe S. 7f, siehe in der folgenden
Internet-Ausgabe http://homepage.univie.ac.at/benjamin.opratko/ip2010/kant.pdf
auf S. 8).
-
Zur
Problematik automatisierter Waffen, u.a. Drohnen s. eingehend P. W. Singer,
Brookings Institution, Wash. „Der ferngesteuerte Krieg", Spektrum der
Wissenschaften 12/2010 S. 70ff = http://www.spektrum.de/alias/
(2013/10) 26.1.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
Zulassung von Frauen zu Kampfeinsätzen in den USA; Kommentar von Damir Fras
"Frauen an die Front" (KStA v. 25.1.2013, S. 4)
Schon das Aufheben der allgemeinen Wehrpflicht
und das Anlocken der jungen Menschen mit den schlechteren Bildungs- und
Erwerbschancen für die heute typischerweise robusten Auslands-Einsätze darf man
als Verleitung zur Prostitution verstehen. Oder: als schreienden Missbrauch
eines seit Jahrzehnten beständig wachsenden social divide. Aber jungen Frauen
die besonders attraktiven Kampfzulagen hinzuhalten, für Einsätze, die
lebensgefährlich sind und die den allermeisten männlichen Parlamentariern nicht
einmal im Traum in den Sinn kämen, das ist aus meiner Sicht nochmals anrüchiger
und krass menschenverachtend – auch in Deutschland.
Ich halte nichts von Kinder, Küche,
Kirche. Aber K wie Krieg ist nicht die Alternative.
(2013/09) 22.1.2013
FOCUS, abgedruckt 28.1.2013
Mali; Harald Kujat "Gute Gründe zum Handeln" (FOCUS 4/2013, S. 30)
In einem militärischen Eingriff zu
Gunsten eines bedrohten Regimes steckt das jedenfalls stillschweigende
Versprechen, man wolle das betreffende Land in die eigenen
Wirtschaftsbeziehungen einbinden und so auch dauerhaft stabilisieren,
jedenfalls nach erfolgreichem Abschluss der Kampfhandlungen. Auch Harald Kujat
betont in seinem Planspiel zu Recht den ökonomischen Teil einer
Gesamtstrategie. Realitätsnah scheint mir eine solche Perspektive im Falle
Malis aber nicht zu sein – wenn dies schon bei einem kulturell wie ökonomisch
recht nahestehenden Land wie Griechenland trotz jahrzehntelanger systematischer
Bemühung beider Seiten nicht recht glücken will. Um gar nicht erst von einem
strukturell besser vergleichbaren und weitgehend hoffnungslosen Fall wie
Afghanistan zu sprechen.
Ich sehe erhebliche Risiken und -
wenn überhaupt - dann ausschließlich gruppendynamische bzw. bündnispolitische
Gründe für ein robustes Mitwirken, und zwar nach dem eher berüchtigten Muster
"TINA" oder: there is no
alternative.
(2013/08) 22.1.2013
DIE ZEIT, abgedruckt 31.1.2013
Mali; Andrea Böhm "Al-Kaida im Nachbarhaus" (DIE ZEIT 17.1.2013, S.
5)
Okay – mögen unsere Politiker uns
Bürger mal nicht verwöhnen, sondern intellektuell fordern, nach bester
Pädagogen-Manier: Mit einer ergebnisoffenen Debatte um die eigenen Interessen,
die eigene Rolle und die künftige Priorität unserer Außenpolitik. Nicht nur an
einem ad-hoc-Beispiel, sondern wie es sich für Demokratie und Rechtsstaat
gehört, also ganz nach Muster des kategorischen Imperativs. Dazu gehört auch
eine offene Evaluation der bisherigen Missionen, des jeweiligen Nutzens, der
Folgen und Lasten, also der „lessons
learnt“. Oder: Wie effektiv konnte Deutschland konkret welche Interessen
militärisch wahren, in den bald zwanzig Jahren „out-of-area“? Ich befürchte nur: Unsere politische Klasse denkt
noch immer so, wie es der damalige Außenminister Kinkel im Bundestagswahlkampf
1993/94 einmal in einem Interview mit n-tv freimütig bekannte: „Ich möchte wirklich
ungern mit diesem Thema in zwanzig Wahlkämpfe gehen, weil dies Deutschland
schadet.“ Solches Denken macht zwar das Bündnisleben leichter, höhlt indessen
die Demokratie aus.
Anzumerken bleibt: Der Konflikt in
Mali und mögliche Lösungswege sind wohl nicht ohne die ursächliche Wirkung
voran gegangener Auseinandersetzungen zu erfassen, insbesondere in Afghanistan
und im Maghreb. Belmokhtar und Bin Ladin haben eine sehr ähnliche Entwicklung
genommen; beide wurden mit der Unterstützung von Amerikanern und Pakistanis als
hocheffiziente Mu’dschaheddin konditioniert oder: im Dschihad gegen das
sowjetische Dar al-Harb, das Haus des Krieges. Krieg gegen den Westen, gegen
das Nachbarhaus der Sowjets, ist da nur ein minimaler Übersprung. Jeder dieser
Konflikte, ob in Afghanistan, im Irak, in Libyen oder nun in Mali taugt
offenbar ohne Weiteres als Brutreaktor eines folgenden. Das sollten wir ins
Kalkül ziehen.
(2013/07) 22.1.2013
Kölner Stadt-Anzeiger; veröffentlicht am 22.1.2013 als Internet-Kommentar
Mali; Niebel befürchtet Kriegsausweitung (KStA v. 22.1.2013, S. 4)
Es spricht viel dafür, über
Koexistenz und Hilfe nachzudenken. In den letzten 20 Jahren hat sich in der
Region um Timbuktu die Desertifikation um die Größenordnung von 100 km nach
Süden verschoben – wohl nicht ohne unsere Mitverantwortung, wenn man die
Klimaforschung ernst nimmt. Timbuktu versinkt im Sand und das einzige, was dort
fließt, sind die Waffen, die man im Maghreb hat niederregnen lassen. In den
letzten 20 Jahren haben wir das vorher von den Blöcken emsig umworbene und
alimentierte Afrika, insbesondere die wenig Ertrag versprechenden Regionen und
Völker, weitestgehend ausgeblendet, auch Mali; das rächt sich jetzt bitter. Und
wenn wir konsequent alle die niederkämpfen wollten, die die Scharia eng
anwenden oder gar offensiv verbreiten, dann müssten wir wohl bei Saudi Arabien
anfangen.
(2013/06) 22.1.2013
DER SPIEGEL
Mali; Paul H. Mben u. Jan Puhl "Die Tore der Hölle" (DER SPIEGEL
4/2013, S. 84ff)
Es erinnert an den Zauberlehrling.
Alle aktiven Komponenten des Konflikts stammen aus dem Norden: Gier nach
Ressourcen bei Desinteresse an Menschen / Verantwortung für dynamische globale
Desertifikation und für ein Timbuktu, das im Sand erstickt / Aktivisten wie
Belmokhtar, in Afghanistan noch gegen die Sowjets konditioniert / eine Scharia,
von den Saudis hart angewandt und aggressiv vermarktet. Und natürlich die
Waffen, frisch aus dem Maghreb. Wenn uns da nur mehr vom Gleichen einfällt,
steht genau mehr vom Gleichen zu erwarten.
(2013/05) 21.1.2013
Frankfurter Allgemeine
Mali; "De Maizière gegen Ausweitung ...", "Chaostruppe",
F.A.Z. v. 21.1.2013, S. 1, 10; Thomas Scheen "Auf sich allein
gestellt", F.A.Z. v. 18.1., S. 3; Günther Nonnenmacher "Berlin
prüft", F.A.Z. v. 15.1., S. 1; Christian von Hiller "Mali - das
sagenhafte Reich voller Gold und Bodenschätze", F.A:Z. v. 15.1., S. 10;
Berthold Kohler "Deutsch-Nordwest?", F.A.Z. v. 14.1., S. 1
Alle die sattsam bekannten Module,
sie sind wieder da: Ein Staat prescht vor, möglicherweise zum persönlichen Ruhm
und Nutzen des Staatschefs, aber jedenfalls zur Wahrung der nationalen
Interessen, auch bei der Energie- oder Rohstoffversorgung aus der fraglichen
Region. Das Zielland hatten wir alle eine Zeit lang aus den Augen verloren
– zu wesentlichen Teilen hatte es nach Ende der Blockkonfrontation
nicht mehr viel gegolten. Ein Endgegner ist definiert, der ruchlos, zumindest
nicht nach unseren Regeln denkt und zu massenhafter Vernichtung fähig scheint,
und zwar gleich unter uns; dieser Feind hat, direkt oder indirekt, von unseren
Waffenlieferungen profitiert und zentrale Figuren - wie in casu Belmokhtar -
haben ihr Handwerk und ihren Furor in Afghanistan gegen die Sowjets erworben.
Das nun durch Intervention zu stützende Regime hat alles andere als einen guten
Leumund. Und zuletzt, aber nicht zumindest: trotz aller Schwachstellen der
Mission wird für die Deutschen bereits der üble Ruf von Undankbarkeit und
Feigheit für den Fall bereit gehalten, dass wir nicht zu den Fahnen
eilen und dem wackeren Nachbarn beistehen.
Den schlüssigen Plan für die
Zukunft, den gibt es freilich wieder nicht, auch kein politisches, kein
demokratisch abgesichertes Konzept, wie wir diese Kette von Gewaltexkursionen
unterbrechen wollen – außer durch mehr Technik, mehr Rüstung, mehr
Schulterschluss, mehr Tricks und Finten, mehr Abschreckung; mehr vom Gleichen
also.
Vielleicht können wir uns einmal
nicht wie erinnerungsschwache Zauberlehrlinge gebärden und statt dessen über
neue Module nachdenken: Über die Elemente einer nachhaltig kooperativen
Koexistenz mit den Völkern und Stämmen dieses gottverlassenen Landstrichs, ohne
jegliche Mentalreservation zum eigenen Nutzen. Und möglicherweise können wir
allen manichäischen Domino-Theorien und auch allen selbst-referentiellen
Monroe-Doktrinen entsagen. Selbst die gerade wieder viel zitierte Scharia
hindert unseren Dialog wohl nicht grundsätzlich: Wird die Scharia
nicht seit Menschengedenken nach einer besonders strenggläubigen
Schule in einem uns sehr verbundenen Land angewandt und auch von dort druckvoll
exportiert: in und von Saudi Arabien?
P.S.
Sehr instruktiv war für mich, noch einmal Peter Grubbes "Der Untergang der
Dritten Welt. Der Krieg zwischen Nord und Süd hat begonnen" (1991/1994)
zur Hand zu nehmen. Grubbe beginnt gerade mit einer düsteren Reportage aus
einem bereits damals zunehmend im Sand versinkenden und völlig hoffnungslosen Timbuktu und
leitet die dynamische Zunahme gewaltsamer Konflikte u.a. aus dem schlagartig
entzogenen Engagement des Westens bzw. aus der strikten Priorisierung zu
Gunsten der eigenen "wohlverstandenen Interessen" ab.
(2013/04) 16.1.2013
Kölner Stadt-Anzeiger, veröffentlicht am 16.1.2013 als Internet-Kommentar
Mali; Axel Veiel „Hollande, der Feldherr““ (KStA v. 14.1.2013, S. 4)
Ob Dank der Militärintervention die
Chancen steigen, dass aus Mali wieder ein funktionierendes Staatswesen nach
unserem Geschmack wird, das mag man mit guten Gründen auch bezweifeln.
Zumindest irritiert doch sehr, dass das Land - obwohl Musterland und wohl auch
von strategischem Interesse - so lange aus den Augen war und schon lange einem
"failed state" ähnelt. Oder dass Waffen, die der Westen freigiebig
auf Libyen regnen ließ, so schnell eine neue Verwendung gefunden haben.
Die Effizienz einer außen- und
wirtschaftspolitischen Denkrichtung, die Afghanistan, Ägypten, Irak, Iran,
Jemen, Libyen, Mali, Pakistan, Saudi-Arabien und Syrien (Reihung hier schlicht
alphabetisch) in ihrem jeweiligen heutigen Zustand möglich gemacht, darf
getrost in Frage gestellt werden.
(2013/03) 15.1.2013
DIE WELT, abgedruckt 18.1.2013
Mali; Kommentar Michael
Stürmers "Spät kommt ihr" (DIE WELT 15.1.2013, S. 3)
Wenn Konflikte dieser Art mehr und
mehr zur Regel werden, dann sollte jedenfalls ein Rechtsstaat, sollte insbesondere
eine Demokratie möglichst trennscharfe Regeln für den Einsatz und die Grenzen
militärischer Gewalt ausbilden, sollte also Berechenbarkeit, Vertrauen und
Klarheit nach innen und außen schaffen. Das braucht auch keine 100.000 Seiten;
ganz sicher würde eine einstellige Zahl völlig reichen. Wenn es nur einmal
jemand anpacken würde, dabei auch nüchtern die Erfahrungen aus Somalia, dem
Irak und Afghanistan nutzen würde. Im ersten relevanten Bundestagswahlkampf
nach der 1990er Zeitenwende hatte sich der damalige Außenminister Kinkel noch
sehr bedeckt gehalten: Er wolle mit diesem Thema nicht in Wahlkämpfe gehen,
weil das Deutschland schade. Gerade steht wieder eine Wahl an - es ist noch
nicht zu spät.
Noch eine Anmerkung: Die Waffen der
malischen Islamisten stammen, wenn ich's recht verstehe, nicht nur aus schlecht
gesicherten Beständen Gaddafis, sondern zu einem signifikanten Teil auch von
den früheren libyschen Aufständischen bzw. von deren Unterstützern sowie aus
ähnlich gelagerten Konflikten. Hergestellt sind sie allesamt in
Industriestaaten.
(2013/02) 15.1.2013
Kölner Stadt-Anzeiger
etwaiger deutscher Beitrags zur Mali-Intervention; Steffen Hebestreit
"Volle Rückendeckung für Frankreich" und "Bundeswehr nach Mali“
(KStA v. 14.1.2013, S. 3, 4); Axel Veiel "Der Zauderer als Feldherr"
(KStA v. 15.1.2013, S. 4)
Steffen Hebestreit hat den
Mechanismus knapp und zutreffend beschrieben: Der Westen hat Mali Hilfsgelder
gestrichen, seine Armee und der ganze Staat sind geradezu implodiert und nun
muss der Westen mit Gewalt intervenieren - wohl auch, um eigene Interessen und
Ressourcen zu sichern, und vielleicht auch, um Führungsstärke zu beweisen.
Nachhaltig fühlt sich diese Politik nicht an, aber heute auch nicht ungewohnt.
(2013/01)
11.1.2013
TIME magazine
Taliban; violent resistance against polio vaccination campaigns; Jeffrey
Kluger's and Aryn Baker's article "Killing polio" (TIME No.
1/2013 p. 16 ff)
Blaming
the Taliban as patrons of polio on the first TIME front page of 2013 may
significantly add to public Manichaeism. Due to a multi-centennial experience
the peoples of
And
you may do different calculations as to public health, more blaming the West,
e.g. in respect of some thousand Afghan civilian casualties following the
ongoing military interference, or drug production, consume & exports,
skyrocketing after the Kabul regime change of 2011.
P.S.
as to civilian casualties of the Afghanistan mission cf. the report of Susan G. Chesser, US Congressional
research service, of Dec. 6, 2012, p. 3 f = http://www.fas.org/sgp/crs/
Und ein paar Sammlerstücke aus
früheren Jahren:
(a) Die Mutter aller [meiner]
Leserbriefe:
29.9.1992
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 2.10.1992
Militär; Absage der "V 2 - Gedenkfeier" in Peenemünde (KStA. v.
29.9.1992)
Hätten wir am Deutschlandtag die Schöpfer
der V 2 hochleben lassen, hätten wir auch die der Scud mitgefeiert. Die Scud
ist wie die Mehrzahl der heute weltweit ausgerichteten Trägersysteme legitimer
Nachfahre der V 2. Scud und V 2 sind brutale Massenvernichtungswaffen, die
unter einem verantwortungslosen Regime bewußt zum Schaden der Zivilbevölkerung
eines anderen Landes entwickelt und eingesetzt worden sind.
Demgegenüber ist der vorgebliche
Kontext ziviler (!) Raumfahrtforschung, der etwa den jungen Wernher von Braun
begeistert und geblendet haben mag, als Begründung eines V 2 - Festes geradezu
absurd. Die Forschung hat sich gegen diese Wirtschaftsidee im doppelten Sinne
auch ausdrücklich verwahrt.
Der Vorschlag war, wenn auch der
count-down schweren Herzens in letzter Sekunde abgebrochen wurde, bereits eine
verheerende Wunderwaffe gegen das Ansehen des neuen Deutschland im Ausland und
unserer Repräsentanten im Inland.
(b)
Der Leserbrief mit dem stärksten Verzögerungszünder:
29.5.2008
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 30./31.5.2009
Wahl des Bundespräsidenten; Kandidaturen Hort Köhler / Gesine Schwan (KStA v.
27.-29.4.2008, u.a. Franz Sommerfeld "Mit Gesine Schwan nach links",
KStA v. 27.5.2008, S. 4)
Entscheidend
ist, so weiland ein großer Kanzler, was hinten raus kommt. Mehr Demokratie kommt
raus, wenn bei einer Wahl die Wahl besteht. Das andere haben wir früher - meist
nach Osten blickend - gerne als "Abnicken" verspottet und versuchen
es selbst im Miniaturmaßstab der Schuldemokratie nach Kräften zu vermeiden.
Und
die Gefahr durch die ewig Linken? Na ja, wenn man böse Ränke und abgekartete
Spiele fürchtet oder wenn man ein barockes Theater von mehr als tausend
wohlbestallten Spesenrittern von Herzen verhindern will, dann gibt es doch eine
ganz natürliche Lösung: Die Wahl des obersten Bürgers durch die Bürger selbst.
Wäre sicher auch die bessere Remedur gegen deren nachhaltige Verdrossenheit.
(c)
Und der am weitesten gereiste Leserbrief:
22.08.1995
NIKKEI WEEKLY, JAPAN; abgedruckt 28.8.1995
Militärpolitik; Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki; THE NIKKEI WEEKLY of
August 14, 1995
I refer to reports on WW II and
especially to two letters to the editor printed in THE NIKKEI WEEKLY of August
14, 1995 (page 6). It is my impression that those two letters offer a
unilateral and quite insulting interpretation of the motives behind the drop of
atomic bombs onto Hiroshima and Nagasaki fifty years ago (e.g. N. Hale: "a
merciful decision"). So I would like to show an alternative view:
It is certainly true, that Japanese
military leaders commenced the hostilities against the
The echoes of that demonstration of
power strongly outlived that event. We hear them over and over again – from
Weitere
Leserbriefe aus 2011 / 2010
/ 2009 / 2008 / 2007 / 2006 / 2005 / 2004
/ 2003 / 2002 / 2001 / 2000 / 1999 / 1998 / 1997 / 1996 / 1995 / 1994 / 1993 / 1992
oder auch Briefe für Englisch-sprachige
Medien.
Oder meine Leserbriefe, die zum
Thema „out of area“ abgedruckt
worden sind.
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