Karl Ulrich Voss, Burscheid: Meine Leserbriefe im Jahr 2025

Stand: Januar 2025; grün unterlegt: lokale/regionale Themen u. Medien

 

(2025/6) 20.1.2025
Welt am Sonntag
Herausforderungen aus China und den USA gemäß Ausgabe v. 19.1.2024 (u.a.: Daniel Wetzel u. Benedikt Fuest „Xi Jinping kann Deutschland den Strom abschalten“ u. Interview von Jens Wiegmann mit Michael Link „Deutsche Interessen robust vertreten“,
WamS
v. 19.1.2025, S. 1 u. 3)

Mittelfristiges De-Risking ist offenbar derzeit in einem 360-Grad-Winkel geboten: China könnte uns den Strom abschalten, die USA Teile des Internets und/oder den nuklearen Schutzschirm; von Russland haben wir uns bereits energetisch abgekoppelt. Höchste Zeit, innerhalb der EU – und dieser Verband und Markt bleibt unser wesentliches Argument – eine Emanzipations-Strategie zu erarbeiten.

Bei allem Sicherheitsstreben sollten wir aber weiterhin möglichst viel von den liberalen Axiomen eines David Ricardo beherzigen. Denn etwa seine Theorie des komparativen Kostenvorteils ist noch heute ein zentraler Pfeiler des deutschen Geschäftsmodells.

Quelle etwa:

https://de.wikipedia.org/wiki/David_Ricardo

 

(2025/5) 17.1.2025
Kölner Stadt-Anzeiger, abgedruckt 21.1.2025
Neue US-Regierung; zu Joseph Bidens Farewell
Address
v. 15.1.2025 bzw. zu Karl Doemens‘ Kommentar „Coup der Milliardäre“ (Ausgabe v. 17.1.2025, S. 4) und zu seinem Bericht „Biden warnt USA vor neuen Oligarchen“ (S. 6)

Die schlechte Nachricht: Dwight D. Eisenhowers sehr berechtigte Warnung von 1961 vor einem die Demokratie bedrohenden militärisch-industriellen Komplex, sie hat keine erkennbaren Auswirkungen gehabt. Und, wie wir wissen, verlangt das Militär gerade wieder sehr selbstbewusst eine neue, signifikant erhöhte Sicherheits-Rendite.

Die etwas bessere Nachricht: Das zumindest ähnlich bedrohliche und in manchen Punkten auch mit dem militärischen Sektor vernetzte Geschäft der Tech-Industrie, das Joseph Biden unter Verweis konkret auf Dwight D. Eisenhower aufgreift, das haben wir eher in der Hand, durch persönliche Abstinenz. Und in dem sicheren Wissen: Die Welt vor der Digitalisierung war unter dem Strich nicht die schlechtere. Zumindest war sie nicht aufgeregter, psychotischer oder leichter verführbar als heute.

Quellen etwa
https://en.wikipedia.org/wiki/Dwight_D._Eisenhower%27s_farewell_address
https://www.archives.gov/milestone-documents/president-dwight-d-eisenhowers-farewell-address (farewell address Dwight. D. Eisenhower v. 17.1.1961), Auszug:

„… This conjunction of an immense military establishment and a large arms industry is new in the American experience. The total influence-economic, political, even spiritual-is felt in every city, every state house, every office of the Federal government. We recognize the imperative need for this development. Yet we must not fail to comprehend its grave implications. Our toil, resources and livelihood are all involved; so is the very structure of our society.

In the councils of government, we must guard against the acquisition of unwarranted influence, whether sought or unsought, by the military-industrial complex. The potential for the disastrous rise of misplaced power exists and will persist.

We must never let the weight of this combination endanger our liberties or democratic processes. We should take nothing for granted. Only an alert and knowledgeable citizenry can compel the proper meshing of the huge industrial and military machinery of defense with our peaceful methods and goals, so that security and liberty may prosper together. …“

https://www.nytimes.com/2025/01/15/us/politics/full-transcript-of-president-bidens-farewell-address.html (farewell address Joseph Biden v. 15.1.2025), Auszug:

„… That’s why my farewell address tonight, I want to warn the country of some things that give me great concern. And this is a dangerous — and that’s the dangerous concentration of power in the hands of a very few ultrawealthy people, and the dangerous consequences if their abuse of power is left unchecked. Today, an oligarchy is taking shape in America of extreme wealth, power and influence that literally threatens our entire democracy, our basic rights and freedoms and a fair shot for everyone to get ahead. We see the consequences all across America. And we’ve seen it before.

You know, in his farewell address, President Eisenhower spoke of the dangers of the military-industrial complex. He warned us that about, and I quote, “The potential for the disastrous rise of misplaced power.” Six dayssix decades later, I’m equally concerned about the potential rise of a tech-industrial complex that could pose real dangers for our country as well. …“

 

(2025/4) 15.1.2025
Kölner Stadt-Anzeiger, veröffentlicht 16.1.2025  im Internet-Angebot des KStA:
https://www.ksta.de/leserbriefe/leserbriefe-zum-polizeieinsatz-urteil-steuergelder-nicht-verschenken-940880
Polizeikosten bei Hochrisikospielen; Berichte und Kommentar in der Ausgabe v. 15.1.2025, S. 1, 2 u. 4 (Gerhard Voogt „NRW will Fußballklubs nicht für Polizeieinsätze zahlen lassen“; Markus Decker „Länder dürfen Profiklubs zur Kasse bitten“ u. Hendrik Buchheister „Ein Urteil, das keine Probleme löst“)

Beim organisierten Fußball möchte ich unserem Landesminister des Innern ähnlich viel Biss wünschen wie gegenüber Clans, Banden oder organisierter Kriminalität.

Auch wenn ich den kommenden US-Präsidenten nur sehr ungern zitiere: Unter dem Schutzschirm Anderer prächtige Geschäfte zu machen, aber sich bei den Kosten einen schlanken Fuß zu machen – das geht gar nicht! Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren? Klares Nein! Darüber hinaus: Für die Vereine müssen klare Anreize bleiben, präventiv zu deeskalieren, statt klammheimlich den harten Fans schöne Augen zu machen. Alter Grundsatz des Haftungsrechts.

Quellen etwa:

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2025/01/rs20250114_1bvr054822.html?nn=68080 (Entscheidung v. 14.10.2025 (Az. 1 BvR 548/22) zu Polizeikosten bei Hochrisikospielen
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/bvg25-002.html (diesbezügliche PM des BVerfG v. 14.1.2025)

Leitsätze der Entscheidung v. 14.1.2025 (Hervorhebungen von mir)

1. Als Gebühren lassen sich öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder deren Vorteil oder deren Wert auszugleichen. Sie beruhen auf dem Aspekt der Gegenleistung, also des Ausgleichs von Vorzügen und Lasten.

2. Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Sie ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist. Die Verfassung verlangt auch nicht, Polizeikosten nur Störerinnen und Störern oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes anstelle der Störerinnen und Störer in Anspruch genommen werden können oder die sich rechtswidrig verhalten.

3. Eine Gebühr ist nur dann angemessen, wenn sie auch tatsächlich als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung erhoben wird. Dabei hat der Gebührengesetzgeber zwar einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen will. Dieser Spielraum ist aber dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorzug und dem Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist.

4. Die individuell-konkrete Zurechenbarkeit kann insbesondere gegeben sein, wenn die öffentliche Leistung mit konkreten Vorteilen verbunden ist oder individuell veranlasst wurde, insbesondere bei einer das übliche Maß überschreitenden „Sondernutzung“ öffentlicher Sachen mit einer besonderen Inanspruchnahme begrenzter staatlicher Ressourcen.

 

(2025/3) 13.1.2025
DER SPIEGEL
Wahl 2025; Kommentare & Berichte in der Ausgabe v. 11.1.2025 zu diversen Rahmenbedingungen der Bundestagswahl (u.a. Mathieu von Rohr „Gegen Donald Trump hilft nur Stärke“, Matthias Bartsch et al. „Gefahr aus der Luft“ u. Christopher Daase u. Nicole Deitelhoff „Wie der Krieg in der Ukraine beendet werden kann“)

Putins Augen und Trumps Mundwerk – da fehlt nur noch die rechte deutsche Nase, oder? Diesen Fehler sollten wir schnell aufgeben: geopolitisches Imitations-Lernen. Versuchen wir eher, endlich nüchtern zu bilanzieren: Was ist uns nach 1989 gelungen und was gerade nicht? Viele militärische Erfolgsgeschichten werden wir nicht finden, auch keine durch Waffen getriggerte Stabilität.

 

(2025/2) 8.1.2025
Kölner Stadt-Anzeiger
Bundestagswahl 2025; Ausgaben vom 6., 7. u. 8.1.2025 über bundespolitische bzw. Wahl-relevante Fragestellungen (KStA v. 6.1.2025, S. 1 u. 4: Steven Geyer u. Claudia Lehnen „CDU fordert Arbeitspflicht bei Bürgergeld“ bzw. Steven Geyer „Erste Stadt mit Arbeitspflicht“; KStA v. 7.1.2024: S. 1, 3, 4 u. 5: Claudia Lehnen „Bürgergeld: Debatte um Arbeitspflicht“ u. „Ein Modell auch für NRW?“, Alisha Mendgen „Die CSU wird zum Risiko“ u. „CSU verschärft bei Sicherheit den Ton“, Daniela Vates „Der Wahlkampf als Abstiegskampf“; KStA v. 8.1.2025, S. 5: Christian Rath u. Anne-Béatrice Clasmann „Merz‘ Forderung hat einen Haken“ u. Julia Naue „Grönland und Panamakanal: Trump schließt Militär nicht aus“)

Inmitten von tatsächlichen oder induzierten Krisenzeiten den aktiven Impuls für Neuwahlen zu geben, das sollte unter Strafe gestellt werden – mit Androhung von Haft für mindestens eine Legislaturperiode. 

Zumal ein nun sehr kurzatmiger und marktschreierischer Krisen-Wahlkampf besonders disruptive Parolen ans Tageslicht fördert: Das Drohen mit dem Aberkennen von Bleiberechten für Nicht-Nützlinge, bei anderen gar mit dem Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft. Ferner einander verstärkende Rufe nach Arbeitspflichten – ohne jedes verbriefte Recht auf Arbeit. Sodann: Fremdenfurcht und -hass in jeder Schattierung. Egomanische Dritte ergänzen das Schreckensbild um neue Rüstungs- und Gewalt-Phantasien, gegen Schutzgeld. Oder nehmen Partei. Ich denke, das sollte nicht der Lohn sein.

 

(2025/1) 2.1.2025
Kölner Stadt-Anzeiger Lokalteil Leverkusen, abgedruckt 20.1.2025
Stadtentwicklung; Thomas Käding: „Burscheid wartet noch immer auf ein Kernstück des Innenstadt-Umbaus“ (Ausgabe Leverkusen v. 23.12.2024, S. 22)

Es ist schon konsequent, dass der Burscheider Bürgermeister weitere Zuversicht zum geplanten Montanus-Quartier verbreitet. Sind doch er ebenso wie der Rat zum Erfolg der „Neuen Mitte“ verdammt, sofern denn das jahrelange Hintanstellen der alten Mitte irgendeinen Sinn behalten soll. Allerdings liegen bis heute weder ökologische noch ökonomische Vorteile auf der Hand.

Das karge Gras und/oder Moos auf dem Dach, noch dazu im Wettbewerb mit Photovoltaik, und die bauartbedingt doch kleinen Bäumchen und Sträucher, sie werden den bereits realisierten Verlust an relevanter Grünmasse bei Weitem nicht kompensieren. Eben deswegen musste sich die Stadt mit Ausgleichsflächen freikaufen. Und das durfte sie im Sauerland, von wo künftig hier und da auch ein Molekül O2 herüberwehen mag. Und wenn die Photovoltaik auch nur 5% des beträchtlichen Energiehungers der geplanten großen Maschine decken würde, dann wäre es schon viel; geheizt werden soll ohnehin über eine veritable Gas-Therme, für zehn, zwanzig oder mehr Jahre. Zusätzlich wird der vierstöckige Riegel die angestammte Frischluftschneise zwischen dem Luchtenberg-Richartz-Park und dem Altenzentrum Luchtenberg-Richartz-Haus versperren. Und wird im Winterhalbjahr den Kindergarten Schützeneich und seine Gartenfläche weitgehend abschatten.

Aber wirtschaftlich, da wird es sich doch bitte rechnen? Kaum. Anker-Nutzer wird ein Vollsortimenter, der auf robusten Verdrängungswettbewerb setzen muss. Denn in seinem Angebotsfeld ist der Markt bereits zu einem Viertel über Bundesdurchschnitt gesättigt. Mit Montanus werden es dann knapp die Hälfte über Durst sein. Und sobald der bereits emsig vorbereitete weitere Markt in Hilgen hinzu tritt, dann werden wir Burscheider bei rekordverdächtigen zwei Dritteln über normal liegen, die wuchernde digitale Konkurrenz noch gar nicht gerechnet. Da die neu hinzutretenden Marktteilnehmer ihre Ersteinrichtung auf Jahre steuermindernd absetzen werden – und weil wir auch nicht wirklich mehr als bisher werden konsumieren wollen – werden wir den neuen Konsum-Tempel weitgehend aus der Stadtkasse abstottern, zum Nachteil von anderen kommunalen Ausgaben. Etwa für unsere Kultur. Oder für gute Straßen und Wege, auch in der alten Mitte.

P.S.:

Vincenz Jakob von Zuccalmaglio müsste mit hoher Drehzahl im Grabe rotieren, sobald er seinen nom de guerre bzw. Künstlernamen „Montanus“ mit dem aus dem Französischen abgeleiteten „Quartier“ (für Stadtteil) verbunden sähe.

Obwohl oder gerade weil Vincenz' Vater Jakob Salentin von Zuccalmaglio Schlebuscher Maire in der Franzosenzeit (und sehr flexibel nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft dann auch Bürgermeister) gewesen war, prägte dieser Sohn offenbar einen kämpferischen Patriotismus und einen unversöhnlichen Hass gegen die westlichen Nachbarn aus, siehe etwa Stephan Laux, Vincenz von Zuccalmaglio (1806-1876). Zum mentalen Profil eines »katholischen Patrioten« im 19. Jahrhundert, https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb3/prof/GES/LG1/Bilder_allgemein/Allgemein_Laux/Aufs%C3%A4tze_Prof._Dr._Laux/laux__zuccalmaglio__2004_.pdf,

Auszug Laux mit Zitat v. Z. (S. 93): Er stand damit nicht etwa im Banne einer bloß vorübergehenden, im Kontext des Deutsch-Französischen Krieges allgemein aufgewallten Frankophobie, sondern demonstrierte eine Grundüberzeugung. "Was meine Schriften betrifft", so hatte Zuccalmaglio schon 1855 anlässlich der Verleihung des "Roten Adlerordens" dargelegt, "so hatten dieselben den Zweck, vaterländische Gesinnung, Vertrauen zur Regierung zu erwecken und die von Jünglingstagen an gehegte Liebe und Anhänglichkeit für das Haus Hohenzollern zunächst unter meinen bergischen Heimatgenossen zu wecken und zu verbreiten. Es war da natürlich zunächst meine Aufgabe, die Gallomanie meiner Heimatgenossen zu bekämpfen."

Vermutlich ist es bei der zitierten Namensschöpfung in Burscheid nicht so recht im Blick gewesen: Auch Vincenz von Zuccalmaglio gehörte – nicht ganz unvergleichbar dem Ernst Moritz Arndt der EMA-Schule – zu den gedanklichen Wegbereitern blutigster Nachbarkriege aus vergangener Zeit. Bruchlos passt er jedenfalls nicht mehr in unsere Epoche. Oder in das neue Quartier.

 

(2024/80) 30.12.2024
Kölner Stadt-Anzeiger, abgedruckt 11.1.2025
Wahl 2025; zum Pro & Contra bzgl. des Musk-Gastbeitrags in der Welt am Sonntag, konkret zu Michael Kohlers Pro = „Keine Frage der Moral“ (Ausgabe v. 30.12.2024, S. 20)

Leider ist es kein historisches Novum, wenn ein sehr dynamischer US-Auto-Tycoon den Influencer für eine radikale deutsche Bewegung gibt. Henry Ford hatte sehr Ähnliches geleistet und heftete sich noch 1938 (!!!) stolz die höchste zivile Auszeichnung des inzwischen etablierten NS-Regimes an die Brust, den Adlerorden. Sein boshaft antisemitisches Werk „The International Jew, The World’s Problem“ hatte bereits den noch halbstarken Nazis als Fundgrube gedient; ein Jahrzehnt später sollten am Rhein endgefertigte Ford-Laster das logistische Rückgrat der deutschen Sudeten-Invasion werden.

Weitere Parallelen: „America First“ gab’s damals schon, mit einem höchst konservativen Netzwerk. Dafür warb auch Charles Lindbergh – der umjubelte Atlantikflieger und ein weiterer renommierter Adler-Preisträger, ausgestattet mit einer extrem technokratischen Weltsicht. Zum Dunstkreis hatte ferner der US-Militärattaché Truman Smith gezählt, der bereits in der Zwanzigern Hitler unschätzbare Hilfe hatte zukommen lassen, und zwar über den in beiden Ländern hervorragend vernetzten Deutsch-Amerikaner Ernst Franz Sedgwick Hanfstaengl: Hitler-Coach, Mitfinanzier der Startauflage von „Mein Kampf“ und späterer Auslandspressechef der NSDAP. 

Sicher: Geschichte wiederholt sich nicht. Aber, wie es Mark Twain formulierte, sie reimt sich immerhin. Es lohnt, vorsorglich in die dunklen Ecken hinein zu leuchten.

Quellen etwa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_internationale_Jude
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Hanfstaengl
Max Wallace, The American Axis (New York 2003), insbesondere S. 239ff, im Volltext unter
http://reparti.free.fr/wallace2003.pdf

Anm.:
Auf eine berechtigte Nachfrage aus Köln möchte ich den missverständlichen ersten Absatz wie folgt ergänzen:

… Henry Ford hatte sehr Ähnliches geleistet und heftete sich noch 1938 (!!!) stolz die höchste zivile Auszeichnung des inzwischen etablierten NS-Regimes an die Brust, den Adlerorden. Sein boshaft antisemitisches Werk „The International Jew, The World’s Problem“ hatte bereits seit 1922 den noch halbstarken Nazis als Fundgrube gedient; mehr als ein Jahrzehnt später sollten am Rhein endgefertigte Ford-Laster das logistische Rückgrat der deutschen Sudeten-Invasion des Jahres 1938 werden.

Zum Hintergrund, auch zur Münchner Konferenz am 29./30.9.1938, die der militärischen Besetzung unmittelbar vorausgegangen war, siehe etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Sudetenkrise. Und wenn man das Ganze als Treppenwitz der Weltgeschichte nachverfolgen möchte, siehe etwa https://uliswahlblog.blogspot.com/2013/08/isaf-und-der-3-juli-1979.html m.w.N

 

(2024/79) 29.12.2024
RGA / Volksbote, der unten folgender Beitrag wurde abgedruckt am 2.1.2025 (S. 21)
Anfrage des Volksboten v. 20.12.2024 zu den Erwartungen für das Jahr 2025

Text der Anfrage war:

Zum Jahresende blickt man ja gerne zurück und voraus. Das will auch ich im Bergischen Volksboten tun und dabei von ein paar Leuten wissen, wie es ihnen ums Herz ist. Geplant ist dann ein O-Ton-Bericht.

„Krieg, Flucht, Rechte im Aufwind, eine gescheiterte Regierung – derzeit gibt es wenig Anlass, optimistisch zu sein. Blicken Sie dennoch mit Zuversicht auf 2025 und warum?“

Beitrag:

Lassen wir die Kirche im Dorf! Ich gebe zu, nach den schrecklichen Details zu Magdeburg habe ich kurz gezögert. Aber ich bleibe dabei: Besonnenheit und nüchternes Augenmaß bleiben das Gebot der Stunde. Damit aus wirren Emotionen etwas Zuversicht wachsen kann. Und nicht zuerst Angst, verbunden mit haltbarem Hass. Aber die angesprochenen Punkte Krieg und Flucht, neue Rechte und Ampel-Aus, die verdienen schon genaueres Hinsehen:

Krieg & Flucht. Wir haben viel damit zu tun.

Zunächst: Betrachten wir einmal nüchtern unsere Selbstbilder und Feindbilder; sie haben es verdient.

Seit Beginn der Neunziger Jahre – oder: nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion – haben westliche Staaten und dabei zumeist auch Deutschland eine sehr expansive Außen- und Sicherheitspolitik entwickelt, u.a. in Auslandseinsätzen mit dem berühmten „scharfen Schuss“. Der größere Teil der Einsätze hat die Ziele nicht erreicht. Beispiele: 1999 wurde die erste europäische Hauptstadt nach dem Zweiten Weltkrieg bombardiert, mit vielen hundert zivilen Toten. Es war Belgrad. Die Afghanistan-Mission wurde – wie 20 Jahre vorher bereits in Somalia – in großer Hast evakuiert. Heute gelten ein großer Teil des Nahen und Mittleren Ostens und des nördlichen Afrika als deutlich instabiler als zuvor. Alles das hat – neben weiteren Ursachen – Migrationsdruck aufgebaut. In dem häufig zitierten Jahr 2015 war der größte Anteil Asylsuchender gerade vom Balkan zugeflossen. 

Meine Hoffnung beruht darauf: Wir können und wir sollten diese jüngere außenpolitische Vergangenheit öffentlich evaluieren – Afghanistan ist ein Anfang. Und wir können Wiederholungen vermeiden. Weiter: Keine Frage, Putins Politik ist unerträglich und der Ukraine-Krieg mit seinen Abertausenden Opfern, der muss enden. Nur wird er nicht beendet, solange wir uns stolz auf der unfehlbaren Seite sehen. Und auch das Fliehen, es würde nicht enden.

Rechte im Aufwind? Ja, das ist so.

Eine anwachsende Rechte überrascht nicht. Warum bitte sollte der Trend hier anders sein als etwa in den Niederlanden und Frankreich, auch als in einigen Staaten Osteuropas? Selbst der Nahbereich zeigt schon lange dazu passende Anhaltspunkte: Vor 20 Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Nordrhein-Westfalen einmal ein Heimatministerium hervorbrächte – und ich selbst habe schon hochmotiviert beim Gewinn von Heimatpreisen mitgewirkt. Weiter: Im Burscheider Stadtrat sind Parteien eines mitte-linken Spektrums heute marginalisiert. Ganz offenbar verspricht eine eher konservative Weltsicht in Zeiten, die viele als sehr unübersichtlich wahrnehmen, die größere Sicherheit. Und natürlich: Wahlen werden nicht über den Kopf gewonnen, sondern über den Bauch. Dass Parteien Besorgnisse nutzen und dann in Wahlkampf-Botschaften umsetzen, das ist nur menschlich.

Was aber tun? Im Grunde haben es die Gegen-Rechts-Demonstrationen vor der Europawahl gezeigt, dabei auch ein ganz neues Potenzial: Die Bürgerinnen und Bürger warten darauf, aktiviert zu werden. Dazu muss man sich nur ein wenig von der traditionellen Vorstellung lösen, die besten Ideen und das tiefste Ortswissen lägen bei der Obrigkeit oder bei Experten und Beratern. Professionalisieren wir die Stadtgesellschaft – die wir ohnehin für viele Aufgaben brauchen –, dann steht weitere Durchsicht und Zuversicht zu erwarten. Es ist dann wie in der Schule: Viel Training mit realen Bezügen bewirkt das meiste.

Die Ampel und ihr Aus. Keine Ampeln mehr?

Schlimmer als das Ampel-Aus selbst ist das unwürdige Gezerre davor wie danach. Diese Regierung wurde nicht sachlich widerlegt oder von besser belastbaren Konzepten aus dem Feld geschlagen. Sie wurde schlicht verdaut, in einem stark säurehaltigen Prozess, an dem die gerne so genannte vierte Gewalt – die Medien – leider auch einen gewissen Anteil hatte. 

Hier habe ich tatsächlich die geringsten Hoffnungen auf ein Happy End alten Stils. Die Zeit fester Bindungen in der Wählerschaft und auch innerhalb der Parteien könnte zunächst vorbei sein und damit auch die gut eingeübte Rollenteilung zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien. Minderheitsregierungen mögen auch in Deutschland von der Ausnahme zur Regel geraten. Den Untergang des Abendlandes muss man aber nicht gleich ausrufen: Der Versuch, sich jeweils im Einzelfall zu einer Sachfrage zusammen zu raufen, der wäre kein Verstoß gegen das parlamentarische Prinzip oder gegen das Modell einer repräsentativen Demokratie. Allerdings würden wir Bürgerinnen und Bürger von einem solchen Prozess der aktiven Mehrheitssuche mehr mitbekommen als bisher. Das wäre nicht der schlechteste Aspekt.

Fazit: Do it yourself!

„Hoffnung“ oder „Zuversicht“? Für mich ist die Zuversicht etwas weniger wundergläubig. Die Hoffnung legt gerne auch mal die Hände in den Schoß und delegiert die Zukunft auf andere „Hoffnungsträger“. Zuversicht dagegen klingt aktivierend wie „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!“ Meine Meinung: Verbreitern wir entschlossen die Basis derjenigen, die konstruktiv über die Entwicklung unseres Landes und unserer Stadt nachdenken. Ich bin zuversichtlich: Da ist noch viel Luft nach oben. Und beim Frust ist einige Luft nach unten.

 

Und ein paar Sammlerstücke aus früheren Jahren:

 

Die Mutter aller [meiner] Leserbriefe zur Außen- und Sicherheitspolitik:

 

29.9.1992
Kölner Stadt-Anzeiger; abgedruckt 2.10.1992
Militär; Absage der "V 2 - Gedenkfeier" in Peenemünde (Kölner Stadt-Anzeiger. v. 29.9.1992)

Hätten wir am Deutschlandtag die Schöpfer der V 2 hochleben lassen, hätten wir auch die der Scud mitgefeiert. Die Scud ist wie die Mehrzahl der heute weltweit ausgerichteten Trägersysteme legitimer Nachfahre der V 2. Scud und V 2 sind brutale Massenvernichtungswaffen, die unter einem verantwortungslosen Regime bewußt zum Schaden der Zivilbevölkerung eines anderen Landes entwickelt und eingesetzt worden sind.

Demgegenüber ist der vorgebliche Kontext ziviler (!) Raumfahrtforschung, der etwa den jungen Wernher von Braun begeistert und geblendet haben mag, als Begründung eines V 2 - Festes geradezu absurd. Die Forschung hat sich gegen diese Wirtschaftsidee im doppelten Sinne auch ausdrücklich verwahrt.

Der Vorschlag war, wenn auch der count-down schweren Herzens in letzter Sekunde abgebrochen wurde, bereits eine verheerende Wunderwaffe gegen das Ansehen des neuen Deutschland im Ausland und unserer Repräsentanten im Inland.

 

Und der am weitesten gereiste Leserbrief:

 

22.08.1995
NIKKEI WEEKLY, JAPAN; abgedruckt 28.8.1995
Militärpolitik; Bombardierung von Hiroshima und Nagasaki; THE NIKKEI WEEKLY of August 14, 1995

I refer to reports on WW II and especially to two letters to the editor printed in THE NIKKEI WEEKLY of August 14, 1995. It is my impression that those two letters offer a unilateral and quite insulting interpretation of the motives behind the drop of atomic bombs onto Hiroshima and Nagasaki fifty years ago (e.g. N. Hale: "a merciful decision"). So, I would like to show an alternative view:

It is certainly true that Japanese military leaders commenced the hostilities against the USA. But the Japanese victims at Hiroshima and Nagasaki were in their vast majority civilians. And although they were victims, I am far from sure they were the real addressees of the bombs as well. There is quite a convincing hypothesis: The drop of the bombs in the first place aimed at impressing the counterparts of Truman at the Potsdam Conference of July/August 1945 – Truman, a just invested and still very uneasy-feeling American president. To add: according to now opened American files the Nagasaki bomb was also meant to test a completely redesigned ignition system.

The echoes of that demonstration of power strongly outlived that event. We hear them over and over again – from Iraq, from France, from China etc. So, humanity will never forget those victims, even if some wanted to.

 

Weitere Leserbriefe

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Oder auch ein paar Briefe für
Englisch-sprachige Medien.

Gerne meine >150 Leserbriefe, die zum Thema Außen- und Sicherheitspolitik, Auslandseinsätze bzw. „out of areaveröffentlicht worden sind.

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